Auf allen Kanälen

C&A
»Hausaufgaben« gemacht: C&A kooperiert inzwischen mit Zalando © whitemay – istockphoto.com

Handel und Immobilien
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Susanne Osadnik

Omnichannel ist das Gebot der Stunde. In Zeiten, in denen sich Verbraucher daran gewöhnt haben, ihre Einkäufe auch online zu erledigen, sollte es selbstverständlich sein, sie über alle nur denkbaren Wege zu erreichen und an sich zu binden. Manche Unternehmen sind schon weit fortgeschritten und können als Orientierung für Nachzügler dienen


Erst kürzlich gab der Modehändler C&A bekannt, auf wen die Wahl für den weiteren Online-Vertrieb des Unternehmens gefallen ist: Amazon. Mithilfe des Online-Giganten will man über Amazon Fashion Damen-, Herren- und Kindermode von C&A vertreiben. Seit Ende Juni sind erste Produkte auf dem deutschen Marktplatz im Angebot. Joris van Rooy, verantwortlich für das Europa-Geschäft von C&A, ist sicher, dass Amazon als Anlaufstelle für Kunden auch im europäischen Textilmarkt immer wichtiger wird. Deshalb habe man sich zu diesem »großen Schritt« in der eigenen Omnichannel-Strategie entschieden. Zu dieser Strategie gehört auch die Überarbeitung des eigenen Online-Shops, der seit Mai in allen 21 Ländern live geschaltet wurde, in denen C&A aktiv ist.

Vom »bösen Buben« zum potenziellen Partner

Dass das Unternehmen, das sich über die Schweizer Cofra Holding in sechster Generation im Besitz der deutsch-niederländischen Familie Brenninkmeijer befindet, Omnichannel-Händler werden will, ist schon länger klar. Bereits im vergangenen Jahr ist C&A eine Kooperation mit Zalando eingegangen und hat damit eine Zeitenwende eingeläutet: Reine Online-Händler sind nicht mehr länger die bösen Buben, die dem stationären Handel das Geschäft kaputt machen, sondern potenzielle Partner, mit denen man sich den Kuchen teilen kann. Und der soll immer größer werden. Die Partnerschaft mit Amazon Fashion wird wohl auf weitere Märkte ausgeweitet. In naher Zukunft steht der Launch auf den niederländischen, französischen, italienischen und spanischen Websites an.

C&A sind nicht die einzigen, die ihre Hausaufgaben gemacht und erkannt haben, wie wichtig es als Handelsunternehmen ist, auf allen nur möglichen Kanälen für seine Kunden erreichbar zu sein. Adidas nutzt bereits seit 2015 WhatsApp, die Messaging-Plattform von Facebook, um neue Produkte zu bewerben und Kundenfragen zu beantworten. Im Jahr 2019 startete das Sportbekleidungsunternehmen mit seiner 100%-Unfair-Predator-Kampagne, die Live-Chats mit Influencer-Marketing verknüpfte. So konnten Freizeitsportler einen Profisportler für ihre Spiele »mieten«. Tommy Hilfiger schickt seinen Kunden über eine VIP-Club-Mitgliedschaft regelmäßig SMS-Nachrichten über neue Produkte, Events, Partnerangebote und Geburtstagsüberraschungen. Und Starbucks kündigte im vergangenen Jahr eine »Revolution« des Kundenerlebnisses mit der Einführung eines neuen Starbucks Rewards Programs an: Wie bisher geht es auch künftig um das digitale Starbucks-Erlebnis – allerdings auf einem neuen Level. Nach wie vor werden treue Kunden »belohnt«, aber auch Kaffeetrinker, die nicht so häufig in den Shops aufschlagen, sollen jetzt profitieren können: Statt wie bislang pro Besuch gibt es künftig pro Euro ein »Sternchen«. Rewards-Mitglieder erhalten so mehr Bonuspunkte und kommen eher in den Genuss eines kostenlosen Getränks. Und Zufallskunden können darüber animiert werden, häufiger zu kommen. Starbucks Rewards wird wie bisher über die Starbucks App gehostet. Die Sternchen können direkt via App oder mit der Starbucks Card gesammelt werden. Wer 450 Sterne gesammelt hat, wird in der Mitgliedschaft in den »Gold Status« erhoben und erhält eine Personalisierung seines Lieblingsgetränks gratis. Dazu zählen Sirups, Toppings, Schlagobers und Milchalternativen. Außerdem wird einmal kostenlos nachgeschenkt.

Vernetzte Kundenbindung
 

Dass Kundenbindung heutzutage anders funktioniert, machen sich immer mehr Einzelhändler zunutze. Vor allem die Pandemie hat die Branche einen gewaltigen Schritt in Richtung Omnichannel gemacht. Denn in den vergangenen beiden Jahren hat sich das Einkaufsverhalten rasant verändert. Weil deutlich mehr online bestellt und dementsprechend Erfahrungen gesammelt wurden, haben sich auch die Erwartungen an den stationären Handel erhöht. Ein Unternehmen wie MediaMarkt hat darauf reagiert und in seine Omnichannel-Strategie investiert – und ist dafür belohnt worden. Laut aktueller Omnichannel Excellence Study  rangiert MediaMarkt auf Platz 1 als Unternehmen, das am besten verstanden habe, wie die Verbindung zwischen online und offline nahtlos ineinander übergehen kann. Der erste Kontakt des Kunden erfolgt bei MediaMarkt in der Regel mobil, endet aber meist im stationären Markt vor Ort. Die enge Verzahnung zwischen den Vertriebskanälen ist das Click & Collect-Angebot: Kunden informieren sich online über das gewünschte Produkt im Webshop, bestellen es und holen es im Markt ab – und das innerhalb von 30 Minuten. Bei rund 40 Prozent der Online-Bestellungen nutzen die Kunden diesen Service.

Was zusätzlich verbessert wurde, ist die Beratung vor Ort. Um den Kunden schnell und gezielt weiterhelfen zu können, wurden die 44.000 MediaMarkt-Mitarbeiter in den Geschäften mit Smartphones und selbst entwickelten Apps ausgestattet, sodass wesentliche Informationen sofort verfügbar sind. Dabei geht es sowohl um die Verfügbarkeit von Produkten als auch um Alternativen bei nicht mehr lieferbaren Produkten oder auch Bestellungen in die Filiale, wenn etwas erst wieder geordert werden soll. »Wir bei @MediaMarktSaturn sehen keine Differenzierung mehr zwischen Online-Shops, Apps und stationären Märkten. Weil auch unsere Kunden hier nicht mehr unterscheiden. Wir denken nicht mehr in Schubladen. Omnichannel bedeutet für uns: Die Verfügbarkeit von Produkten, Services und Beratungen online wie offline über alle Kanäle hinweg. Und diesen Weg gehen wir konsequent weiter«, sagte Dr. Karsten Wildberger, CEO des Handelskonzerns Ceconomy aus Düsseldorf und deren Tochtergesellschaft MediaMarkt kürzlich.

Personalisierung der Kundschaft

Auch die Warenhauskette Breuninger und der Sportartikelhändler Declathon werden das tun. Denn beide stehen MediaMarkt beim Omnichanneling in nicht viel nach. Die Jury befand es als positiv, dass Breuninger seine Kundschaft auch während des Online-Shoppens konsequent dazu auffordert, den Einkauf im stationären Geschäft fortzusetzen – beispielsweise mithilfe persönlicher Produktberatung bei Abholung vor Ort. Decathlon punktete vor allem mit der Personalisierung seiner Kunden, die ihre Lieblingsportarten und auch persönlichen Interessen angeben können, woraufhin das Unternehmen die Inhalte der Website sowie des Newsletters auf die Auswahl des Kunden zuschneidet.

Google und der Handelsverband Deutschland (HDE) hatten im Rahmen ihrer Studienerhebung mehr als 2.000 Konsumenten in Deutschland nach ihren Erwartungen an Omnichannel-Händler befragt. Das Ergebnis: Die meisten Kunden wünschen sich einen Einkauf, der auf ihre persönlichen Vorlieben und Informationsbedürfnisse ausgerichtet ist. Da hapert es in der Praxis erheblich. Laut Studie klafft immer noch eine Lücke zwischen dem, was Verbraucher sich wünschen, und dem, was Unternehmen anbieten. Einheitlich gestaltete Kaufprozesse auf unterschiedlichen Kanälen sollten demnächst genauso eine Selbstverständlichkeit sein wie flexible Einkaufsmöglichkeiten wie etwa Reserve & Collect. Rund 57 Prozent der Konsumenten würden vor Ort Informationen zum gekauften Produkt digital abrufen, ist ein weiteres Umfrageergebnis. Dementsprechende technische Voraussetzungen zu schaffen, könnte sich daher für die Unternehmen auszahlen. Denn zufriedene Kunden kommen immer wieder.