Beauty-Kur für Innenstädte

Heilbronn
Heilbronn – hier mit Blick auf die Experimenta – ist in Sachen Stadtmarketing vorbildlich unterwegs © Heilbronn Marketing GmbH / Roland Schweizer

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Susanne Müller

Unsere Innenstädte sind in die Jahre gekommen. Graues Antlitz, befrachtet mit überalterten Konzepten, ächzen sie unter Leerständen und Langeweile. Sind die müden Ladies noch zu retten? Den maroden Cities eine ordentliche Portion Rouge zu verpassen, ist Ziel der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd).

Krisen sind nichts Neues für Städte und Stadtmarketing. Seit ihrer Gründung 1996 beschäftigt sich die bcsd immer wieder mit den neuen Herausforderungen und unterstützt ihre Mitgliedsorganisationen bei der Bewältigung. „Aber dieses Mal gestaltet sich die Lage anders, denn mehrere konfliktlastige Situationen laufen parallel“, sagt bcsd-Geschäftsführer Jürgen Block. „Corona- und Energiekrise haben strategische Erfordernisse zur Folge, aber auch der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Konsequenzen für unsere Städte und Stadtgesellschaften. Gleichzeitig findet ein Transformationsprozess in Sachen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung statt.“ Diesen Spagat zu schaffen, sei sehr anspruchsvoll, so Jürgen Block. Krisen müssten kurzfristig gelöst werden, während die Transformation auf mittel- bis langfristiger Ebene vonstattenginge. „Unter den Krisen haben alle Städte zu leiden, jedoch unterschiedlich stark. Und so muss auch jede Stadt ihre eigene Antwort finden“, erläutert Jürgen Block.

Stadt soll Begegnungen ermöglichen

Um in der Zukunft erfolgreich performen zu können, sollten Städte ihre Kernkompetenz auffrischen, Begegnungen zu ermöglichen, meint der bcsd-Geschäftsführer. „Den Austausch zwischen Menschen zu fördern, dafür einen ansprechenden Angebotsmix aus Handel, Tourismus, Freizeit und Kultur zu kreieren, neue Formate zu finden, ist dringlichste Aufgabe der Kommunen.“ Spannende urbane Begegnungsräume, Natur in der Stadt – unter dem Motto „viel Grün und Blau“ – seien schon mal die halbe Miete. „Stadt und Landschaft ist ein großes Thema“, weiß Block. „Es gibt viele tolle Pilotprojekte mit kühlendem Wassernebel, Schatten spendenden Bäumen und Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang mitten in der City.“

In Heilbronn arbeiten alle gemeinsam

Heilbronn zum Beispiel erledigt die Hausaufgaben ganz besonders gut. Bereits 2014 hat dort der Gemeinderat die Aufstellung der „Stadtkonzeption Heilbronn 2030“ beschlossen. Ganzheitliche Planung aller Akteure wird großgeschrieben, und die Strategiefelder digitale Stadt, Teilhabe an der Stadtgesellschaft, Bildungs- und Wissensstadt sowie zukunftsfähige Mobilität sind stets im Blick. Die Neckar-Stadt ist Sitz des Forschungs- und Innovationszentrums KODIS des Fraunhofer IAO: Dort werden datengestützte Lösungen und Geschäftsmodelle für komplexe Dienstleistungssysteme erforscht, die den Unternehmen der Region zugutekommen sollen. Heilbronn war im vergangenen Frühjahr auch Veranstaltungsort des viel beachteten Stadtentwicklungskongresses „Frequencity“.

Events schaffen erst mal Abhilfe

Alle an einem Strang: Das ist laut Block ohnehin der wichtigste Faktor bei der Stadtgestaltung. „Wenn jeder etwas für sich alleine macht, wirkt sich das fatal aus“, meint er. „Stadtentwicklung ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“ Und kann eine marode Innenstadt kurzfristig Maßnahmen zur Belebung ergreifen? „Aber sicher. Events zum Beispiel schaffen Frequenzen in der City und sorgen dafür, dass Teile der Bürgergesellschaft sich treffen. Dabei ist es wichtig, Veranstaltungsformate zu überarbeiten und neu aufzustellen. Was früher zog, ist inzwischen nicht mehr zwingend zeitgemäß.“

Erfahrungsaustausch und Best Practice

Ein kluger Schritt für Städte ist natürlich auch, vom Know-how der bcsd zu profitieren. „Wir stehen für Erfahrungsaustausch, greifen Trends auf und informieren unsere Mitglieder darüber, was in anderen Städten so passiert. Qualitätsprojekte machen wir somit frei zugänglich, unter anderem in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag- und Gemeindebund sowie dem Handelsverband Deutschland. Hinzu kommen Lobbyarbeit und Meinungsaustausch beispielsweise mit der Politik auf Bundes- und Landesebene.“ Drei Aufgaben habe das Stadtmarketing: Kommunikation über alle Dinge, die in einer Stadt geschehen, Kooperation mit allen, die einen Beitrag leisten möchten, und sie in den Prozess einzubinden, und last but not least Konzeption und strategische Ausrichtung. „Wo will ich hin? Diese Frage muss sich jede Stadt immer wieder stellen und anhand ihrer Ziele, aber auch ihres Profils, ihrer Marke, Projekte konsequent ausrichten“, meint Jürgen Block.

Susanne Müller