COBAM – Vorbild für Zusammenhalt

Bad Münstereifel
Mitte 2022 konnte das City Outlet Bad Münstereifel wiedereröffnen © COBAM

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Susanne Müller

Viele Retailer klagen über die schwierige Krisenlage. Doch wohl niemand hatte einen solch herben Schlag zu verkraften wie das City Outlet Bad Münstereifel (COBAM). Inzwischen ist wieder geöffnet. Wie die Flutkatastrophe den Zusammenhalt in der Stadt gefördert hat, ist eine Geschichte von Mut, Kraft und Hoffnung.

Am Morgen des 15. Juli 2021 standen Bewohner und Geschäftsleute des wunderhübschen Eifel-Städtchens quasi vor dem Nichts. In der Nacht war der sonst so friedliche Fluss Erft zu unvorstellbaren Wassermassen angeschwollen und riss nicht nur Menschen, sondern auch Existenzen mit sich. Eine ganze Region war betroffen – Bad Münstereifel mittendrin. Die historische Altstadt komplett zerstört, Szenen wie nach einem Krieg. „Wir standen alle unter Schock“, berichtet Center Manager Matthias Dürr. „Die Situation war völlig unübersichtlich, das Schadensbild riesig. Die komplette Kernstadt war betroffen, die Flut hatte metertiefe Krater hinterlassen.“

Wasser bis zum Hals

Nicht nur den Markenpartnern des City Outlets stand das Wasser buchstäblich bis zum Hals, sondern auch den Geschäftsinhabern und Gastronomen, die nicht ans COBAM angeschlossen sind. Bis auf 1,50 bis 1,80 Meter Höhe waren die Läden vollgelaufen. Der Lindt-Store beispielsweise stand bis zur Unterkante des Erdgeschosses voller Wasser, und Puma beklagte enorme Schäden im Lager des Untergeschosses.

Den Geschäftsbetrieb schnell wieder aufzunehmen, war damals undenkbar. Viele Monate sollten noch ins Land gehen, bis Mitte 2022 die ersten Shops wieder öffnen konnten. „Zuerst haben wir uns um die Mitarbeiter gekümmert“, erinnert sich Matthias Dürr. „Viele waren ja auch privat betroffen. Dann ging’s an die Sicherung der Ladenlokale. Wir mussten Türen und Fenster verrammeln, um Waren und Geldbeträge zu schützen.“

Schäden in Millionenhöhe

Was dann folgte, war das Ausräumen der Ware, um mit dem Rückbau starten zu können. „Alles erfolgte in enger Absprache mit unseren Mietern und der Stadt“, so der Center Manager. „Da ein Riesengebiet geschädigt war und uns anfangs wenig bis keine Gutachter der Versicherungen zur Verfügung standen, gestaltete sich die Lage schwierig. Große Warenbestände und hochwertige Ladenbauten von mehr als 30 Markenpartnern waren zerstört. Der Schaden lag sicher in einem zweistelligen Millionenbereich. Nichtsdestotrotz konnten wir relativ zügig mit dem Wiederaufbau beginnen.“

Hilfe aus ganz Deutschland

Wie konnte das Kunststück gelingen, binnen eines einzigen Jahres alles wieder herzurichten? Durch Zusammenhalt, meint Matthias Dürr. „Wir haben unfassbar viel Hilfsbereitschaft erfahren. Den hunderten von freiwilligen Helfern aus der gesamten Republik bin ich und sind wir alle zutiefst dankbar. Sie haben ohne viel Federlesens Schutt und Flutschlamm weggeräumt, dafür teilweise Urlaub genommen. Um die 500 Einsatzkräfte taten jeden Tag ihr gutes Werk. Da war zum Beispiel ein Trupp der Bundeswehr aus Kiel. Auch viele junge Damen haben mit angepackt. Unglaublich – die Leute kamen von überall her, räumten Unmengen an Sperrmüll weg. Viele Hände, schnelles Ende, kann ich da nur sagen.“

Hinzu kamen die guten Beziehungen zu den Stammhandwerkern, die teilweise seit langer Zeit fürs COBAM arbeiten. „Sie haben keine Überstunden gescheut“, sagt Dürr. Investor Marc Brucherseifer erklärte sich überdies bereit, den Ankauf von Baumaterialien – Fliesen, Brandschutz und so weiter – vorzufinanzieren. Auch die Politik zeigte damals Präsenz: Angela Merkel, Olaf Scholz, Hendrik Wüst machten sich vor Ort ein Bild. Tatsächlich sind auch staatliche Fluthilfen geflossen. „Die Anträge zu verstehen, ist für Privatleute nicht so leicht. Aber wir hatten zum Glück Experten aus dem Backoffice, die sich da hinein gefuchst haben.“

Alle an einem Strang gezogen

Wer nicht selbst von einer solchen Umweltkatastrophe heimgesucht wurde, kann sich wohl schwerlich vorstellen, welche Kräfte die Betroffenen antreiben. Letztendlich hat das COBAM auch all jenen Rückhalt gegeben, die mit ihren Betrieben nicht direkt ans Outlet angeschlossen sind. Gastronomen und Einzelhändler haben beim Wiederaufbau fleißig mitgemacht. „Bad Münstereifel ist nicht groß – man kennt sich hier“, so Matthias Dürr. „Wir haben alle an einem Strang gezogen. Die Stadt hat die Infrastruktur wiederhergestellt, Gas, Telefon, Wasser- und Stromleitungen erneuert. Wir vom City Outlet haben 27 Immobilien gleichzeitig saniert. Einige brauchten etwas länger, sind inzwischen aber auch wieder geöffnet. Tatsächlich haben wir ambitionierte Ziele verfolgt. Zum Opening waren rund 80 Prozent der Flächen restauriert.“

Schöner als vor der Flut

Bad Münstereifel sei heute schöner als vor der Flut – davon ist Matthias Dürr überzeugt. „Einige Dinge hätten wir ohne das Hochwasser vielleicht nicht so schnell in Angriff genommen. Die Barrierefreiheit ist verbessert worden und das Kopfsteinpflaster durch besser begehbaren Pflasterbelag ersetzt, dabei aber der Charme erhalten und altes gerettetes Pflaster wiederverwendet. Unsere Geschäfte sind nun auf dem neuesten Stand. Die Mieter haben fantastische Stores geschaffen.“ An einigen Stellen werde freilich noch gebaut. „Aber Besucher können sich bei uns wieder einen schönen Tag machen und durch die Stadt flanieren.“ Mit dem Bettwäsche-Label Estella sowie Jack&Jones kommen zwei neue Mietpartner hinzu.

Erweiterung steht an

„Außerdem verfolgen wir weiterhin unser Neubauprojekt“, sagt Matthias Dürr. „Das COBAM wird um rund 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitert.“ Eröffnung ist voraussichtlich im zweiten oder dritten Quartal 2024. Bereits in 2023 geht zudem eine vorvermietete Fläche von rund 200 Quadratmetern an den Start. Mit den Besucherzahlen ist der Center Manager zufrieden. „Gerade kurz nach der Wiedereröffnung haben sich viele Menschen solidarisch gezeigt. Auch zahlreiche niederländische Gäste besuchen uns. Wir haben ein neues Frequenzsystem in Arbeit, das uns zuverlässige Daten liefern soll. Wenn ich bedenke – zuerst Corona, jetzt die Ukraine-Krise mit eheblichen Lieferverzögerungen, die Energiepreise – doch, in Anbetracht all dieser Faktoren läuft im COBAM alles bestens. Das Feedback unserer Markenpartner fällt ebenso positiv aus.“

Stärker als je zuvor

Eines haben die Bad Münstereifeler gelernt: „Wir haben hochwassersicher aufgebaut. Hochleistungspumpen verhindern jetzt bei Starkregenereignissen das Schlimmste. Auch der Schutz der Immobilien an sich ist gewährleistet.“ So ist aus einem großen Unglück am Ende doch etwas Gutes entstanden. „Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung, den Anwohnern, Markenpartnern und das Gastronomie hat die Stadt verändert. Wir sind so dankbar für all die Hilfe – das ist ein echtes Herzensthema. Heute sind wir stärker als je zuvor.“

Susanne Müller