Einzelhandel hat bei Transaktionen die Nase vorn

Nahversorgung steigert nach wie vor den Wert von Einzelhandelsimmobilien. © Pixabay / Alexa

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Nach Angaben von Colliers wechselten in 2022 Einzelhandelsimmobilien für 8,6 Milliarden Euro ihren Besitzer. Das vierte Quartal verzeichnete dabei mit 1,8 Milliarden Euro das niedrigste Transaktionsvolumen im Jahresverlauf und war zugleich auch das ruhigste Jahresabschlussquartal der vergangenen Dekade.

Damit folgte die Nutzungsart Einzelhandel der Entwicklung am Gesamtmarkt, konnte aber während des kompletten Investmentjahres 2022 ihr Umsatzvolumen um sieben Prozent steigern (Gesamtmarkt minus 13 Prozent). Daraus resultierend stieg der Marktanteil des Einzelhandelssegments von 13 auf 16 Prozent und belegt konstant Platz drei hinter Büroimmobilien (41 Prozent) und Industrie- und Logistikimmobilien (18 Prozent). Matthias Leube, CEO bei Colliers: „Trotz stark rückläufiger Kauflaune und großer Verunsicherung der Konsumenten vermeldete der Handel Ende 2022 vor allem preisgetriebene Umsatzsteigerungen. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel kann eine gewisse Krisenresilienz verzeichnen und ist als Investmentprodukt weiterhin attraktiv.“

Nahversorger als Markttreiber

2022 vereinten Nahversorgungsimmobilien 37 Prozent des Transaktionsvolumens der Assetklasse auf sich. Diese sind auch der Treiber hinter der seit Jahren dominanten Marktposition von Fachmärkten und Fachmarktzentren, die im vergangenen Jahr einen Volumenanteil von 53 Prozent und bei der Deal-Anzahl einen Anteil von 68 Prozent ausmachten. Ohne die milliardenschwere Transaktion aus dem dritten Quartal, eine Mehrheitsübernahme der Deutschen EuroShop mit allein 17 in Deutschland gelegenen Einkaufszentren durch ein Bieterkonsortium von Oaktree Capital und dem Family Office der Familie Otto, wäre das Ergebnis noch eindeutiger ausgefallen. Dank dieser Transaktion erzielte die Kategorie Shopping Center einen Marktanteil von 32 Prozent. Von Struktur-, Corona- und Ukrainekrise gebeutelte innerstädtische Geschäftshäuser waren mit 16 Prozent nur wenig vertreten. Trotz des genannten Großdeals verharrte der Anteil von Paketverkäufen, die für die Assetklasse Einzelhandel eine deutlich größere Rolle spielen als für das Transaktionsgeschehen am Gesamtmarkt, auf dem niedrigen Vorjahresniveau von 46 Prozent.

Ausbreitung von Fachmarktkonzepten

Christian Kadel, Head of Capital Markets bei Colliers: „Auch in Mischnutzungen, die aus der Statistik fallen, spielen Retail-Anker, insbesondere Nahversorger, zunehmend eine verkaufs- und preisfördernde Rolle. Dabei werden Repositionierungen und Projektentwicklungen zunehmend auch von großen Handelsketten selbst in Angriff genommen – nicht zuletzt, um in innerstädtischen Lagen besser Fuß zu fassen. Möglich macht diese Erschließung neuer Marktpotenziale an wohn- und arbeitsnahen Standorten und selbst in Hochfrequenzlagen der Innenstädte das unter Druck geratene Mietniveau.“

Preisanpassungen angekommen

Obwohl weiterhin segementspezifische Nachfrageüberhänge bestehen, ist selbst bei eigenkapitalstarken, kaufwilligen Investoren in denvergangenen Monaten die Zahlungsbereitschaft unter dem Einfluss wirtschaftlicher Unsicherheit und steigender Finanzierungskosten spürbar gesunken. Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker notieren aktuell bei einer Bruttanfangsrendite fünf Prozent, ein Anstieg von 50 Basispunkten gegenüber dem Vorjahr. Höher ist der Anpassungssdruck bei Renditen im Non-Food-Fachsegment sowie bei Shopping Centern und im Highstreet-Segment. Bei letzteren wurden in den sieben größten Investmentzentren im Jahresverlauf Anstiege bei der Spitzenrendite von rund 70 Basispunkten gemessen. Die Vier-Prozent-Marke ist in greifbare Nähe gerückt.

Ausblick auf 2023

„Nahversorgungsobjekte werden auch 2023 das dynamischste Einzelhandelssegment darstellen. Dennoch können wegen dessen Kleinteiligkeit und Produktmangel die Volumenverluste anderer Objekttypen nicht ausgeglichen werden. Zudem werden Preisabschläge das Umsatzergebnis limitieren und zu einem Transaktionsvolumen von unter acht Milliarden Euro führen. Mit Spannung wird die Bekanntgabe des Abschlusses des so genannten Oceans Portfolios mit 20 lebensmittelgeankerte Fachmärkten und Fachmarktzentren erwartet. Der erzielte Kaufpreis dürfte Signalwirkung für den Markt haben und ein wichtiger Anhaltspunkt bei der künftigen Preisfindung sein“, prognostiziert Leube.