ESG wird immer wichtiger

Alle ECE-Center – hier das Alstertal-Einkaufszentrum Hamburg – sind DGNB-zertifiziert. © ECE

Handel und Immobilien
Urbanität

Susanne Müller

Nicht nur die Politik, sondern auch Verbraucher fordern von Handelsunternehmen zunehmend Nachhaltigkeit. Und das betrifft nicht nur die Produkte, sondern auch Baubelange und den Betrieb der Immobilie. Welche Folgen das für die Branche hat und wie sie reagieren sollte, weiß Maria Hill, Direktor Sustainibility & Corporate Communications bei ECE Group Services sowie ehrenamtliche Ausschussvorsitzende Energie und Gebäudetechnik beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA).

„Retailer stehen aktuell vor mehreren Herausforderungen“, beschreibt die Expertin die Lage. „Da ist zunächst das Produkt an sich, Kleidung oder Lebensmittel beispielsweise, das nachhaltig hergestellt oder transportiert und möglichst umweltfreundlich verpackt sein soll. Auch das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bringt Händler unter Druck. Der Gesetzgeber achtet zudem zunehmend auf den Bau und den Energieverbrauch der Immobilien – bisher waren diese Faktoren im Tagesgeschäft eher nachgelagert. Doch das ändert sich gerade. Speziell der Kostenfaktor Energie zwingt Retailer zum Umdenken. Sie müssen sich nun fragen: Wie stelle ich mich besonders effizient auf?“

Trend ESG: Gekommen, um zu bleiben

ESG sei ein Riesen-Trend, sagt Maria Hill: „Und er ist gekommen, um zu bleiben.“ Richtig ernst genommen worden sei das Thema eigentlich erst, seitdem es in die Finanzwelt eingedrungen ist. „ESG-Maßnahmen bedeuten eben auch eine Wertsteigerung der Immobilie. „Im Vordergrund des Interesses steht zurzeit das E für Environment, also Klima-, Umwelt- und Energiebelange. Als Vorreiter in Europa hat Deutschland in diesem Punkt bereits ein Gesetz erlassen. Für Unternehmer bedeutet das, jetzt den Pfad zur Klimaneutralität zu beschreiten.“

Koordinatoren für Nachhaltigkeit

Die ECE ist in dieser Hinsicht ein gutes Stück weiter gekommen. „Bereits vor 17 Jahren haben wir in allen Geschäftsbereichen Teams etabliert, die sich ganzheitlich mit dem Thema ESG beschäftigen und als Koordinatoren für Nachhaltigkeit agieren. Dabei sind die Aufgaben vielfältig: Es geht um die ressourcenschonende Weiterentwicklung der Retail-Immobilie und deren CO2-armen Betrieb, aber auch um soziale Themen. Hierbei ist Wellbeing ein wesentlicher Ansatz: Kunden und Mitarbeitende sollen sich im Centerumfeld wohlfühlen – egal welches Alter, Geschlecht oder körperliche Beeinträchtigung die Personen haben.  Last but not least gehört auch das ganze Thema Compliance und Dataprotection zu einem ganzheitlichen Ansatz.“

ESG-Schmiede für die Mietpartner

Zu ESG-Themen hat die ECE mehrere Handbücher herausgegeben, darunter zu nachhaltigen Shopping Centern und ihren Betrieb. In der Publikation „Innovative und nachhaltige Immobilienwelten“ findet sich eine ausführliche Erläuterung zum energetischen Sanierungsfahrplan. Das Handbuch für den nachhaltigen Ausbau von Shop-Flächen ist beispielsweise auch für Handwerker interessant. Partner waren unter anderem die Universität Karlsruhe und die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). In der vom Unternehmen initiierten Nachhaltigkeitsschmiede kommen zudem regelmäßig die Mietpartner zusammen, um die Optimierung des Bestandes zu besprechen. Zahlreiche ECE-Center sind DGNB-zertifiziert.

Resilienz im Auge behalten

Ein energetischer Sanierungsfahrplan ist für die nachhaltige Entwicklung der Retail Immobilie essenziell und naturgemäß von allen möglichen Faktoren – wie dem Wetter zum Beispiel – beeinflusst. Dennoch kommen die Betreiber nicht umhin, den Weg hin zur Klimaneutralität weiter zu gehen. Maria Hill: „Bei der ECE zeigt ein 3D-Modell, wie die jeweiligen Shopping-Center-Immobilien individuell, ganzheitlich und mit all ihren Wechselwirkungen analysiert und erforderliche Maßnahmen erarbeitet werden können und anschließend ein integrierter Maßnahmenplan vorgeschlagen wird, der in die Asset-Strategie integriert werden kann. Auch die Resilienz eines Gebäudes – beispielsweise bei Überhitzung oder Starkregenereignissen – ist bei der Planung ein entscheidender Faktor.“

ESG-Analyse durchführen

Maria Hill sagt: „Unternehmen sind gut beraten, eine ESG-Analyse zu entwickeln und sich gemeinsam mit dem Eigentümer sämtliche Komponenten anzuschauen. Da lohnt es sich dann auch, die Ausstattung des Centers und die E-Ladeinfrastruktur zu überdenken. Wichtig bei all diesen Schritten ist der vertrauensvolle Austausch mit den Mietern.“ Der ganze Prozess sei so komplex, dass viele Unternehmen die Unterstützung von Experten benötigen würden, um zu überprüfen, wo sie in der Pflicht stehen. „Wir bei der ECE haben eine ganze Mannschaft an Ingenieuren, aber gerade kleinere und mittlere Betriebe sollten sich externe Hilfe holen.“ Der Einsatz von Energieberatern werde übrigens staatlich gefördert, fügt sie hinzu.

Nachhaltige Berichterstattung wird Pflicht

Umso wichtiger wird der Status quo einer Immobilie und ihre Zukunftsfähigkeit, da nach Beschluss der EU zukünftig über 15.000 Unternehmen in der EU verpflichtet sein werden, in ihrem Lagebericht auch nichtfinanzielle KPIs abzuliefern. Voraussichtlich Mitte dieses Jahres wird mit der EPBD –sprich Gebäudeeffizienzrichtlinie - auch eine Überarbeitung der  Energieausweise beschlossen werden.  Bisher gibt es keinen Effizienzklassen in den deutschen Ausweisen. „Zukünftig“, sagt die Expertin, „wird es so genannte Mindesteffizienzstandards für Immobilien geben, und diese werden nach einer Klassifizierung im Energieausweis angezeigt. Somit bekommt das Thema nochmals einen ordentlichen Schub. Mit unseren ESG-Produkten, die wir unseren Eigentümer anbieten, zeigen wir aber auch: Wir schaffen den Weg gemeinsam in die Klimaneutralität.“

Susanne Müller