Europas Handel auf zu neuen Ufern

Interview
Quintessenz
Susanne Müller
Nachgefragt
Joanna Fisher
CEO ECE Marketplaces und Vorsitzende des European Council of Shopping Places (ECSP)
Weiterentwicklung ist angesagt
Wie werden sich neue Regelungen in der EU auf Shopping Places auswirken?
Die neuen EU-Regelungen werden die Rahmenbedingungen für Shopping Places in vielerlei Hinsicht verändern. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit stehen Betreiber vor großen Herausforderungen. Strengere Vorgaben zur Energieeffizienz und CO2-Reduktion erfordern Investitionen in umweltfreundliche Technologien und Gebäudemanagement. Aber auch das Thema Social Impact wird in der Zukunft eine immer stärkere Rolle einnehmen. Darüber hinaus wird die Digitalisierung weiter an Bedeutung gewinnen. Einerseits eröffnen neue Technologien spannende Möglichkeiten, das Einkaufserlebnis durch digitale Tools oder hybride Konzepte zu erweitern. Andererseits könnten Datenschutzregelungen, wie die DSGVO, den Einsatz solcher Technologien erschweren. Insgesamt sehe ich sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Shopping Places, die frühzeitig auf Nachhaltigkeit, Social Impact und Digitalisierung setzen, können langfristig wettbewerbsfähig bleiben und sogar davon profitieren, dass Verbraucher verstärkt auf solche Aspekte achten.
Wie entwickelt sich der ECSP perspektivisch?
In Brüssel werden viele Entscheidungen und Regelungen getroffen, die unsere Branche stark betreffen. Unser Ziel beim ECSP ist daher, die Branche auf europäischer Ebene effektiv und mit einer Stimme zu vertreten. Dazu haben wir uns drei Kernthemen auf die Agenda gesetzt: Beobachtung, Bewertung und Mitgestaltung relevanter Gesetzgebungsprozesse auf europäischer Ebene, brancheninterne Vernetzung mit nationalen Verbänden, und mit der Politik sowie Veranstaltungen zum Informationsaustausch. Nach gut einem Jahr als ECSP-Vorsitzende kann ich sagen: Wir sind auf einem guten Weg bei der Agenda, die wir uns vorgenommen haben, und haben erste Weichen erfolgreich gestellt – aber das sind nur die ersten Schritte, und wir verfolgen unsere Ziele weiter mit Engagement und Nachdruck. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal alle Betreiber, die mindestens in zwei europäischen Ländern aktiv sind, motivieren, direktes Mitglied im ECSP zu werden, um gemeinsam für unsere Branche an den relevanten Themen zu arbeiten.
Wo steht die deutsche Shopping-Places-Branche im Vergleich zu Europa?
Die deutsche Shopping-Center-Branche zählt im europäischen Vergleich zu den stabilsten und vielfältigsten Märkten. Deutschland bietet durch seine hohe Kaufkraft, klare Regulierungen und innovative Konzepte eine starke Grundlage. Jedoch ist der deutsche Markt weitgehend gesättigt, deshalb liegt der wesentliche Fokus auf der Weiterentwicklung der Shopping Places im Bestand. Eine große Stärke Deutschlands liegt aber genau in der Anpassungsfähigkeit: Mixed-Use-Konzepte, die Handel, Wohnen und Freizeit kombinieren, sowie nachhaltige Bauweisen sind hier stark im Kommen. Gleichwohl stehen deutsche Shopping-Center auch vor Herausforderungen. Der Online-Handel hat hier einen besonders starken Einfluss, und die Konsumenten legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und Erlebnisangebote. Insgesamt ist Deutschland im europäischen Vergleich weniger wachstumsorientiert, aber ein Vorreiter bei Innovation und Nachhaltigkeit. Um diese Position zu behaupten, müssen Betreiber weiterhin in Digitalisierung und multifunktionale Nutzung investieren.
Susanne Müller