Europas Retail-Landschaft

Joanna Fisher
Joanna Fisher ist neue Vorsitzende des ECSP. © ECE

Interview
Passion

Susanne Müller

Joanna Fisher, CEO von ECE Marketplaces, ist im Mai 2023 zur neuen Vorsitzenden des European Council of Shopping Places (ECSP) gewählt worden: eine starke Stimme für den Retail Real Estate in Europa. Im Interview gibt die Branchenexpertin und Powerfrau Einblicke in ihre Arbeit, Pläne und Ziele.

Glückwunsch zu Ihrer neuen Aufgabe als Vorsitzende des European Council of Shopping Places! Haben Sie sich schnell eingelebt?
Vielen Dank, ja, das habe ich. Da ich vorher bereits Mitglied des ECSP-Boards war, kenne ich die meisten Kollegen und Abläufe schon sehr gut. Wir können und wollen daher alle gemeinsam gleich mit der Arbeit starten.

Wo liegen Ihre Betätigungsfelder beim ECSP?
Gemeinsam und im engen Austausch mit meinem Kollegen Julien Bouyeron als ECSP-Generalsekretär repräsentiere ich den ECSP nach außen. Unser Ziel ist, die Shopping-Center-Branche effektiv und mit einer Stimme auf europäischer Ebene zu vertreten und die bisherigen Aktivitäten weiterzuentwickeln und auszubauen. Aufgrund der Corona-Krise war das in den ersten Jahren seit der Gründung nur bedingt möglich, gleichzeitig hat sich aber gerade in der Pandemie gezeigt, wie wichtig ein europäischer Ansatz ist. Wir wollen daher künftig sehr viel stärker auf politische Arbeit in Europa setzen, die Bedeutung und die Belange der Branche sichtbar machen und unsere Perspektive in Gesetzgebungsprozesse einbringen.

Was sind Sie als erstes angegangen?
Wir haben als erstes damit begonnen, gemeinsam Themen zu definieren und uns auf Schwerpunkte zu verständigen, die wir auf europäischer Ebene setzen wollen, und festgelegt, mit welchen Partnern, Unternehmen und Verbänden in Brüssel und aus der Branche wir uns vernetzen wollen, um der Stimme der Retail-Real-Estate-Branche mehr Gewicht zu verleihen und so unsere Ziele bestmöglich voranzutreiben. Im kommenden Jahr wird ein neues Europaparlament gewählt, wir bereiten uns also jetzt inhaltlich und organisatorisch darauf vor, die Branche und unsere Themen dort einzubringen.

Welche Ziele und Entwicklungen liegen Ihnen dabei mittel- und langfristig am Herzen?
Wir arbeiten gerade gemeinsam unsere Strategie im Detail aus und füllen unsere Agenda konkret mit Leben. Diese wird im Wesentlichen drei Bereiche umfassen: die Beobachtung, Bewertung und Mitgestaltung relevanter Gesetzgebungsprozesse auf europäischer Ebene, das Networking innerhalb der Branche, mit den nationalen Verbänden wie dem GCSP in Deutschland und mit der Politik, und Veranstaltungen zum Informationsaustausch und Netzwerken.

Inwieweit fließt europäische Klimapolitik in die Center-Landschaft ein?
Die Immobilienwirtschaft und damit auch die Shopping Center sind ganz wesentlich von den klimapolitischen Zielen und Vorgaben der Europäischen Union betroffen. Der Sektor muss einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele beitragen und konkrete Lösungen dafür umsetzen. Gerade deshalb setzen wir uns auf politischer Ebene für smarte, machbare und geeignete Rahmenbedingungen für die Branche zur Erreichung dieser Ziele ein. Bisher werden die Spezifika der Branche hier nur sehr ungenau widergespiegelt. Gleichzeitig entwickeln wir konkrete Instrumente, wie wir Shopping Center klimaneutral machen können, wie etwa den Energetischen Sanierungsfahrplan der ECE.

Lassen sich in punkto Performance Unterschiede in den Ländern feststellen?
Ja, wir haben nach Corona eine deutliche und zügige Erholung bei den Umsätzen und Frequenzen in vielen europäischen Ländern erlebt – teils über das Vor-Corona-Niveau hinaus. In Deutschland ist diese Erholung ebenfalls spürbar, aber nach wie vor mit Verzögerung. Wir hatten hier aber auch die härtesten und längsten Lockdowns.

Mit welchen europäischen Institutionen arbeiten Sie zusammen, und warum?
Wir arbeiten mit dem Europäischen Rat, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament gleichermaßen zusammen. Alle drei sind am Gesetzgebungsprozess beteiligt und damit für unsere Arbeit relevant.

Was hat Sie in den vergangenen Monaten besonders beeindruckt?
Die Player innerhalb unserer Branche haben begonnen, sich deutlich stärker zu vernetzen und ihre Interessen zu bündeln und gemeinsam zu verfolgen, um die Themen und Herausforderungen für die Branche gemeinsam und mit starker Stimme anzugehen. Das finde ich gerade angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre ein wichtiges und beeindruckendes Zeichen.

Als Geschäftsführerin von ECE Marketplaces sind Sie ja ebenfalls mit Leidenschaft bei der Arbeit. Wie schaffen Sie es, diese Aufgaben zu vereinbaren und auch vor Ort in Ihrem Unternehmen präsent zu sein?
Leidenschaft für das Thema ist für mich eine wesentliche Voraussetzung für gute Arbeit und auch persönliche Zufriedenheit – und das ist beim Thema Retail Real Estate bei mir der Fall. Eine kontinuierliche Vernetzung sowie Termine und Besuche vor Ort, sowohl in Brüssel als auch in unseren Centern und bei unseren Projekten vor Ort, sind dabei für mich von großer Bedeutung, zum persönlichen Austausch und um ein gutes Verständnis für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen und die Belange in der Branche zu haben. Daher ist es mir wichtig, vor Ort präsent zu sein und so beide Aufgaben zu verbinden – denn beides verrichte ich mit großer Leidenschaft.

Susanne Müller