Expansion ist angesagt

Interview
Restart
Dr. Andreas Martin
Man hört manchmal die Aussage, dass der Einzelhandel in Deutschland auf der Intensivstation liegen würde. Aber es gibt durchaus Anzeichen, die Eigentümern von Retail-Immobilien Mut machen können. Unternehmen, die ihren Markterfolg in Deutschland bereits nachgewiesen haben, setzen auf Expansion. Dabei werden auch teilweise neue Ladenformate umgesetzt. Wir haben die drei erfolgreichen Player Stefan Kaiser von Decathlon, Philipp Schwake von Smyths Toys sowie Sascha Kabierske von MediaMarktSaturn zu ihren Expansionsplänen befragt.
Wie wichtig ist für Sie die Expansion in Deutschland?
Stefan Kaiser: Die Expansion in Deutschland ist für uns von strategischer Bedeutung, und wir verfolgen sehr ambitionierte Wachstumspläne. Im Zuge dessen möchte Decathlon Deutschland bis 2027 bis zu 100 Millionen Euro investieren, sowohl in Neueröffnungen als auch in die Modernisierung der bestehenden Standorte. Insgesamt planen wir, unser Filialnetz bis 2027 auf 150 Filialen aufzustocken, davon sind 60 Neueröffnungen geplant.
Philipp Schwake: Sehr wichtig. Wir sehen enormes Potenzial in allen Städten mit einem Einzugsgebiet über 300.000 Einwohnern. Insbesondere der Norden und Süden sind für uns hochinteressant. Jede Neueröffnung ist ein wahres Spektakel, und wir sehen lange Schlangen vor unseren Stores. Es ist ein tolles Gefühl, und wir sind sehr dankbar, dass die kleinen und großen Kunden unser Konzept so annehmen.
Sascha Kabierske: Die Expansion in Deutschland ist für uns ein zentrales und mit Leidenschaft vorangetriebenes Ziel. Wir investieren intensiv in den stationären Handel und erweitern unsere Store-Formate kontinuierlich, um das Kundenerlebnis auf ein neues Niveau zu heben. Mit unseren neuen Konzepten MediaMarkt Xpress und MediaMarkt Smart erschließen wir beispielsweise nicht nur ungenutzte Standorte in Nahversorger-Zentren und Innenstädten, sondern auch in Shopping- und Fachmarktzentren. Unser Xpress-Format mit Verkaufsflächen zwischen 400 und 1100 Quadratmetern ist optimal auf die Anforderungen moderner Nahversorger-Zentren zugeschnitten und bildet einen wesentlichen Bestandteil unserer Expansionsstrategie. Insbesondere für neue und bislang ungenutzte Wirtschaftsräume ist dieses Konzept von großer Bedeutung. Gleichzeitig bietet das kompakte Smart-Format flexible Lösungen, die sowohl in hochfrequentierten Innenstadtlagen als auch ergänzend zu bestehenden Verkaufsstätten überzeugen. Wir laden Investoren und Vermieter ein, diesen dynamischen Wachstumspfad mit uns aktiv zu gestalten und von unseren neuen, maßgeschneiderten Konzepten zu profitieren.
Gab es in der Vergangenheit Fehler, die Sie in Zukunft vermeiden werden?
Stefan Kaiser: Wie jedes Unternehmen haben auch wir im Laufe unserer Expansion Erfahrungen gesammelt, aus denen wir gelernt haben. Zukünftig werden wir noch stärker auf datengestützte Entscheidungen setzen und eng mit lokalen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere neuen Ladenformate optimal auf die jeweiligen Standorte zugeschnitten sind.
Philipp Schwake: Stellenweise sind die Mietniveaus in unseren bestehenden Verträgen etwas zu hoch, und wir werden uns in den nächsten Jahren gemeinsam an den Tisch setzen müssen. Für eine langfristige Beziehung sollten immer beide Seiten profitieren – das gilt im Geschäft wie im Privaten. Desweiteren ist es ein großer Fehler, nicht auf die logistischen Umstände bei einem Standort zu achten. Unser Geschäft ist stark abhängig vom letzten Quartal des Jahres – da kommen in manchen Stores zwei Lkw mit insgesamt über 60 Paletten pro Tag an. Was die Kolleginnen und Kollegen in unseren Stores in diesen Wochen leisten, ist unglaublich – das muss man live gesehen haben, sonst glaubt man es nicht.
Sascha Kabierske: Statt von Fehlern würden wir von wertvollen Learnings sprechen, die uns helfen, die sich wandelnden Anforderungen im stationären Handel besser zu verstehen. Besonders die veränderten Flächenbedarfe haben uns gelehrt, flexibel und kundenorientiert zu agieren. Heute sind aufgrund des veränderten Kundenverhaltens und angepasster Sortimente kompaktere und bedarfsgerechte Ladenkonzepte gefragt. Diese kontinuierlichen Erkenntnisse fließen in die Weiterentwicklung unserer Store-Formate ein und bilden die Grundlage für eine erfolgreiche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Welche Ladengrößen sind bei Ihnen am erfolgreichsten?
Stefan Kaiser: Unsere erfolgreichsten Ladengrößen variieren je nach Standort und Konzept. Bislang ist Decathlon in Deutschland vor allem für die so genannten Multisport-Stores bekannt und erfolgreich. Mit einer großen Verkaufsfläche zwischen 1800 und 8000 Quadratmetern bieten diese eine möglichst breite Produktpalette direkt vor Ort und genügend Raum für Testflächen. An diesem Erfolgskonzept halten wir auch weiterhin fest, erweitern es jedoch auf kleinere Verkaufsflächen von 500 bis 1500 Quadratmetern in beliebten Einkaufszentren und Fußgängerzonen in den Innenstädten. Diese kleineren Filialen lassen sich nahtlos in urbane Umgebungen und stark frequentierte Bereiche integrieren. Diese Formate ermöglichen uns, näher an unseren Kunden zu sein und ein personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten.
Philipp Schwake: Unser Optimum liegt bei 1500 Quadratmetern Verkauf und 500 Quadratmetern Nebenflächen in einem Fachmarktzentrum mit vielen Parkplätzen. Aber wir schließen nichts mehr kategorisch aus. Wir haben Center-Standorte, die fantastisch laufen, aber die Top-Stores sind die eben beschriebenen Fachmärkte.
Sascha Kabierske: Der Erfolg unserer Stores hängt maßgeblich von der passgenauen Abstimmung zwischen Standort und Store-Format ab. Während traditionelle Konzepte oft nur großflächige Verkaufsräume genutzt haben, ermöglichen unsere neuen Formate eine flexible Flächengestaltung, die exakt auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort abgestimmt ist. Neben dem oben bereits angesprochenen Xpress-Format betreiben wir mit Smart ein weiteres, sehr kompaktes Format. Mit unter 400 Quadratmetern Verkaufsfläche, angesiedelt an hochfrequentierten Orten, liegt der Fokus auf Produkten zum Mitnehmen sowie auf Services und Omnichannel. Bestandsmärkte ordnen wir in unser Standardformat Core ein. Hier setzen wir auf mittelgroße Verkaufsflächen mit umfangreichem Sortiment, Services und Erlebnisflächen. Das Flaggschiff unter unseren Store-Formaten ist das Lighthouse, großflächig angelegte Technik-Erlebniswelten, die an zentralen Orten in Metropolen angesiedelt sind. Diese individuelle Anpassung erlaubt uns, auf unterschiedliche Marktdynamiken zu reagieren und das Einkaufserlebnis nachhaltig zu optimieren. In Zukunft werden wir noch gezielter auf das Markt- und Umsatzpotenzial reagieren können. Dabei setzen wir auf das jeweils bestmögliche Format, das den wirtschaftlichen Gegebenheiten wie Lage, Bauwerkskosten und den Mietzinserwartungen der Investoren in unserer Branche entspricht.
Welche Standorte sind bei Ihnen am erfolgreichsten – Innenstadt, Stand Alone, Fachmarkt oder Shopping Center?
Stefan Kaiser: Unsere erfolgreichsten Standorte sind vielfältig und umfassen sowohl Innenstadtlagen als auch stark frequentierte Fachmarktzentren und Shopping Center. Entscheidend sind für uns die Lage innerhalb des Standorts, die Erreichbarkeit und die Frequenz. Wir suchen nach Standorten, die eine hohe Sichtbarkeit und einen guten Mix aus Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen bieten.
Philipp Schwake: Fachmarktzentren mit einer gesunden Nachbarschaft. Gern gesehene Nachbarn sind natürlich auch Decathlon und MediaMarkt. Wir sehen darüber hinaus immer mehr Potenzial in Shopping Centern. Hier müssen wir nur schauen, dass die Nebenkosten nicht zu einem Mietniveau führen, das für uns uninteressant wird.
Sascha Kabierske: Unsere Standortstrategie ist vielseitig und richtet sich stets nach dem jeweiligen Formatkonzept. In Innenstädten und hochfrequentierten Lagen setzen wir auf kompakte und innovative Konzepte. In Einkaufszentren, Fachmarktzentren und Stand-Alone-Lagen nutzen wir die bewährte Stärke größerer Verkaufsflächen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Umsatzniveau und Mietkostenstruktur ist für die Belegung neuer oder umzuziehender Standorte ebenso entscheidend wie für die Transformation unseres teilweise seit Jahrzehnten bestehenden Marktportfolios. Dank unserer erweiterten Formatstrategie, die nun auch spezielle Lösungen für Shopping Center und Fachmarktzentren umfasst, können wir die individuellen Anforderungen jedes Standorts bestmöglich berücksichtigen und gemeinsam mit unseren Partnern neue Erfolgspotenziale erschließen.
Sie entwickeln gerade neue, kleinere Ladenkonzepte. Welche Anforderungen haben diese Formate an die Immobilie?
Stefan Kaiser: Unsere neuen Filialkonzepte auf kleineren Verkaufsflächen, so genannte Connect-Stores, sind darauf ausgelegt, maximale Flexibilität und Effizienz zu gewährleisten. Zentral ist die Lage in stark frequentierten Bereichen mit hoher Passantenfrequenz, wodurch wir noch näher an unsere Kundschaft rücken. Die Nähe zu größeren Filialen im Netzwerkverbund ist ebenfalls von Vorteil. Durch die Integration unserer Omni-Channel-Strategie können wir die Verkaufsfläche im Vergleich zu unseren großen Multisport-Stores reduzieren. Kunden können unser gesamtes Sortiment online bestellen und im Laden abholen – Click & Collect – oder sich Produkte nach Hause liefern lassen. Dadurch benötigen wir weniger Lagerfläche und können uns im Store stärker auf die Beratung, die Produktpräsentation und das Kundenerlebnis fokussieren. Wir benötigen Flächen, die sich flexibel an veränderte Bedürfnisse anpassen lassen. Modulare Wände und Einrichtungssysteme gewährleisten, das Ladenlayout schnell und einfach umzugestalten und an saisonale Aktionen oder neue Produktlinien anzupassen. Eine einladende und moderne Gestaltung ist ebenfalls zentral. Große Schaufenster, die einen Blick ins Ladeninnere ermöglichen, sind für uns von Vorteil.
Philipp Schwake: Wir suchen vitale Center mit gutem Traffic. Es muss nicht immer das EG sein, wir können auch mit der ersten und zweiten Etage leben. Die Kundinnen und Kunden finden irgendwann ihren Weg zu uns. Wir haben Stores, die fast versteckt sind. Es dauert dann etwas länger, aber mittelfristig überzeugen wir Kunden, die uns dann weiterempfehlen. Im Center-Konzept brauchen wir jedoch mindestens 1000 Quadratmeter Verkauf und 300 Quadratmeter Nebenflächen – außerdem muss die Anlieferung ordentlich ablaufen, sonst ist es schwierig, den Warenfluss in der Weihnachtssaison zu gewährleisten. Kleinere Flächen können unser Sortiment nicht abbilden, und Smyths Toys lebt nun mal von drei Bausteinen: Spielzeug, Outdoor und Baby – das macht uns aus.
Sascha Kabierske: Unsere zukunftsorientierten Konzepte Xpress und Smart stellen hohe Anforderungen an die Immobilie. Es bedarf flexibler Flächennutzungen, die ermöglichen, an erstklassigen und gut erreichbaren Standorten ein herausragendes Einkaufserlebnis zu bieten. Dies gilt auch für kompaktere Formate. Diese Anpassungsfähigkeit eröffnet Betreibern von Handelsimmobilien neue Chancen, MediaMarktSaturn als starken und innovativen Partner zu gewinnen. Mit unserer erweiterten Formatstrategie bringen wir frischen Wind in bestehende Strukturen und schaffen gemeinsam mit den Vermietern Mehrwert und Zukunftssicherheit im stationären Handel.
Das Interview führte
Dr. Andreas Martin