Fitte Shopping Center

Fitness
Fitness ist für Shopping Center ein interessantes Segment. © Unsplash / Sven Mieke

Handel und Immobilien
Resilienz

Susanne Müller

Allenthalben überlegen Betreiber von Shopping Places, wie sie ihre Objekte zukunftsfest aufstellen können. In diesem Sinne sind Fitness-Tempel in Centern längst keine Rarität mehr. Doch die Konzepte sind nicht genügend durchdacht, meint Wolfgang Gruschwitz, Gründer und Geschäftsführer des Design- und Realisierungsbüros für kundenorientierte Räume, Gruschwitz GmbH.

Wolfgang Gruschwitz ist sich sicher: „Erlebnisse steigern zweifellos die Frequenzen und das haben die Betreiber auch erkannt. Cyber-Fitness, Kinos, Escape-Rooms, der Kinderhort im Center – derartige Formate boomen zurzeit. Allerdings sind sie vordergründig weniger lukrativ als Shops, denn sie bringen weniger Miete ein.“  Dennoch seien sie unverzichtbar, um die Kernzeiten eines Centers zu erweitern. „Morgens in der Früh oder nach 20 Uhr herrscht in den Malls Untätigkeit“, sagt Wolfgang Gruschwitz. „Diese toten Phasen lassen sich nutzen.“

Stores haben nur eine begrenzte Mietlaufzeit, und danach verlassen die Mieter oft das Center. „Das macht das Finanzierungskonzept kaputt“, weiß Gruschwitz. „Formate wie Fitness-Oasen halten sich in der Regel länger, und sie bringen auch die richtigen Frequenzen.“ Damit meint er qualitativ einträgliche Besuchergruppen, die das Center beleben. „Bestimmte Zielgruppen definieren die Bedeutung eines Centers als Meeting Point. Der Onlinehandel lässt den stationären Retail nicht an seinem Geschäft teilhaben, und daher leben Shopping Center rein von dem, was sich an ihren Kassen abspielt. Längst greift die Unart um sich, eine Beratung im Laden zu beanspruchen und dann online zu bestellen. Dem muss der stationäre Handel entgegenwirken. Und der Trend zu Fitness und Gesundheit ist dazu ein probates Mittel.“

Symphonie begleitender Branchen

Einfach nur an eine Mucki-Bude zu vermieten, um möglicherweise einen Leerstand zu beseitigen, sei jedoch viel zu wenig. Vielmehr schwebt dem erfahrenen Ladenbauer eine ganze Symphonie begleitender Branchen vor. „Stellen Sie sich doch mal vor, ein Gast kommt zum Frühsport ins Center, um sich vor der Arbeit locker zu machen – in Australien mit seinem hohen Körperkult ist das übrigens gang und gäbe. Wie schön, wenn der Besucher dann das Pro-Work-Training mit einem gesunden Frühstücksangebot kombinieren kann. Und sich vielleicht beim Friseur noch rasch die Haare stylen lässt. Ein solches Erlebnis verschönt den ganzen Tag.“

Logisch, dass passende Speisen leicht und bekömmlich sein sollten. „Die Menschen trainieren ja nicht, um sich die Kalorien anschließend wieder einzuverleiben“, schmunzelt Gruschwitz. „Formate wie dean&david oder Starbucks sind genau richtig. Frischer Fruchtsaft, ein vollwertiges Müsli – solche Angebote nehmen gesundheitsbewusste Besucher gern an.“

Jede Menge Add-ons möglich

Doch da geht noch mehr. Nahrungsergänzungsmittel, Fitness-Klamotten und Trainings-Sneaker, Bade- und Surfmoden, Kosmetik und Styling, Massagepraxen, das eine oder andere Beauty-Studio, sogar Fettabsaugung und Botox-Behandlung – all das sind optimale Add-ons zum Fitnessstudio. „Mit dem Trend Fitness-Bewegung-Ernährung lässt sich Geld machen“, weiß Gruschwitz. „Bei lululemon, einem Anbieter für Yoga-Fashion und Activewear, wurden zum Beispiel Yoga-Lessons durchgeführt, die höchst beliebt waren. Der ganze Raum hat sich da verwandelt, die Leute konnten sich mit dem Konzept identifizieren, und das führte nicht nur eine Doppelnutzung des Stores, sondern brachte auch automatisch Expertise mit sich.“

Ein Gruschwitz-Projekt ist der FC Bayern Store in der Allianz Arena München. „Ein solcher Verein ist natürlich ein emotionales Schwergewicht und zieht die Fans von ganz alleine an – da ist der Erfolg des Shops quasi ein Selbstläufer. Doch Monobrands wie Puma, Adidas oder Nike haben mehrere Zielgruppen und eignen sich besonders gut für die Nähe zum Fitness-Studio.“

Fort mit den Auflagen

Ein Problem in Deutschland sei die fehlende Vermischung von Service und Shopping: „Da brauchen wir ganz klar neue Regeln“, fordert Wolfgang Gruschwitz. „Wenn ich ein Fitness-Format eröffne und öffentliche Kurse geben möchte, benötige ich selbstverständlich auch Duschen und Umkleiden – eben Facilities, über die der normale Verkaufsraum nicht verfügt. Investitionen und Umbauten sind in solchen Fällen unverzichtbar, aber leider hat hierzulande kaum ein Händler das nötige Know-how oder erstickt in einer Flut von Genehmigungen. In den USA beispielsweise gibt’s solche Auflagen nicht – ein Studio kann dort problemlos auch Essen und Kleidung anbieten. Dennoch lassen sich durchaus auch hier Konzepte entwickeln, die alles miteinander verbinden.“

Der deutsche Handel sei halt oft „nicht so sexy“: „Viele Retailer bringen nicht glaubwürdig rüber, dass sie auch Dienstleister sind“, meint Wolfgang Gruschwitz. „Daran zu arbeiten, wird zunehmend wichtig. Auch politische Themen sollten aufgearbeitet werden – wer gleicht den Geburtenknick aus? Shopping Center sind derzeit quasi die Kranken und müssen attraktiver werden, indem sie Inseln schaffen und Mehrwerte generieren. Corona hat deutlich gezeigt, dass die Menschen fit bleiben und ihren Spaß haben möchten. Gesundheit, Ernährung, Handel und Fitness miteinander zu verknüpfen, ist ein charmanter Gedanke und bringt für Center jede Menge Synergieeffekte.“

Susanne Müller