German Council Congress: Abflug in neue Denk-Dimensionen

Der GCSP-Vorstand Christine Hager, Harald Ortner und Markus Trojansky mit Moderatorin Judith Rakers, die famos durch den Kongresstag führte. © Anna-Lena Ehlers Photography

German Council

Ein strahlender, animierter GCSP-Vorstand begrüßte seine Gäste zum 20. German Council Congress unter dem Motto SPACE in Berlin. „Jeder kennt jeden – das schweißt zusammen“, so GCSP-Vorstand Harald Ortner. „Die Hütte ist voll“, freute sich die Vorstandsvorsitzende Christine Hager. Und die großartige Moderatorin Judith Rakers, durchweg in schelmischer Plauderlaune, brachte es auf den Punkt: „The Return of Family-Treffen!“

Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause war beim großen Meeting der Retail-Real-Estate-Branche in der Bundeshauptstadt endlich wieder Live-Atmosphäre angesagt. Entsprechend aufgeräumt war die Stimmung – trotz Krisen und drängender Probleme, die immer wieder aufs Tapet kamen. In der ganzen Wiedersehens-Euphorie musste GCSP-Bevollmächtigter Ingmar Behrens bei der Diskussionsrunde am Vorabendevent glatt durchgreifen: „Seid mal leiser an der Bar, man hört hier nichts!“ Zu groß war halt das Kommunikationsbedürfnis nach so langer Sendepause.

Viel Lust auf Neues

Der Geist von „Anpacken“ schwebte über dem Plenum. Keine Rede von „Augen zu und durch“, sondern eher „Ärmel hochkrempeln“. Inspirierende Keynotes und Präsentationen fächerten neue Blickwinkel auf, um die Zeitenwende zu bewältigen. Christine Hager gab sich aus Verbandssicht auch selbstkritisch: „Wir haben Mitglieder verloren. Aber gleichzeitig neue dazugewonnen.“ In der Corona-Krise haben sich rund 100 Mitglieder vom Verband verabschiedet.

Den vielleicht letzten warmen Spätsommerabend des Jahres verbrachten rund 200 Teilnehmer auf dem festlich illuminierten Rooftop des Living Berlin. Als kleines Aufwärmtraining für den eigentlichen Kongresstag gab’s nicht nur ein Grillbüffet, sondern auch eine Podiumsdiskussion mit Kristin Bauch, Bezirksbürgermeisterin Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf, Susanne Klaußner, DIR Deutsche Investment Retail, Ulrich Schmitz für ECE Marketplaces sowie Tim Mayer, Head of Management Retail CBRE und in dieser Eigenschaft Hausherr im Living.

Mit Volldampf in die Innenstadtrettung

Emotionsgeladene Themen in diesem Plenum: Belebung der Cities und die Weihnachtsbeleuchtung in der Energiekrise – hopp oder topp? Schmitz: „Der Mensch muss Mittelpunkt der Stadt sein, und wir müssen das Wohnen zurückholen, die Lufträume über den Centern schließen.“ Klaußner: „Zurzeit entsteht Raum für neue Konzepte – dafür wünsche ich mir Offenheit und Flexibilität. Bis dahin müssen wir durchhalten.“ Mayer: „Wir müssen Immobilien inszenieren.“

„Have I the Courage to change?“ Der Eröffnungssong des gut besuchten GCC in den Bolle Festsälen war wohl bedacht. Christine Hager betonte das eindringlich: „Wir haben angesichts der weltweiten Entwicklungen einen Handlungsauftrag. Viele Dinge haben sich nachhaltig verändert. Wir alle wollen lebendige Zentren, und das können wir nur zusammen schaffen, im Austausch – auch mit Wettbewerbern. #strongtogether ist unsere Devise!“ Der GSCP habe viel bewirkt – den Code of Conduct oder die Musterhandbücher zum Beispiel, die weltweit nachgefragt und in viele Landessprachen übersetzt worden sind. Und sie betonte: „Das Gemeinschaftsgefühl ist wichtig!“

Heikel: die Politik

Sprengstoff brachte Professor Dr. Heiner Flassbeck: „Der Staat muss Schulden machen, sonst geht die Wirtschaft baden. Wir haben keine Inflation, sondern nur Preissprünge. Die Politik nimmt nicht zur Kenntnis, dass die Welt sich verändert hat. Wir müssen kritischer werden und nicht alles nachplappern. Politiker bräuchten eine gewisse Grundkompetenz für ihr Ressort – leider Fehlanzeige.“ Und er appellierte: „Die Verbände müssen sich lautstark äußern.“

Er und Omid Nouripour, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, haben sich leider verpasst an diesem Tag. Nouripour sicherte zu: „Wir werden alles dafür tun, dass alles ins Ruder kommt. Im nächsten Jahr, sobald die Temperaturen wärmer werden, werden wir sofort die Gasspeicher befüllen“, machte er Hoffnung. Und wies darauf hin, dass die Bundesregierung alle erdenklichen Mittel mobilisiere, um Innenstädte in Kulturgut zu verwanden.

Geradewegs in die Zukunft

Völlig neue Sichtweisen brachte Professor Dr. Oliver Riedel vom Fraunhofer IAO ein. Die Stadt als Reallabor, digitale Zwillinge, City Information Modelling – er wies einen Weg in die Zukunft smarter Innenstädte. Ein wissenschaftlicher Exkurs auf unterhaltsamer Basis, den Riedel höchst verblüffend mit einer Live-Demonstration am iPod illustrierte: „Sogar das Bauen wird digital.“ Zu Themen wie Gastronomie, Fashion, Nachhaltigkeit, Placemaking, Verkehrsmobilität und vielem mehr gab’s beim GCC zündende Vorträge.

Und auch mal entschleunigen

Der Schweizer Autor und Philosoph Rolf Dobelli setzte mit seinem Vortrag einem gelungenen Kongress das Sahnehäubchen auf. Bei ihm ging’s ganz spritzig um Handlungs- und Denkfehler. „Der Mensch hat Jagen und Sammeln in seinen Genen verankert – evolutionstechnisch liegt das nicht so weit zurück. Aber folgen Sie nicht dem Herdentrieb – Sie wollen sich ja unterscheiden. Verschwenden Sie nicht so viel Zeit auf News – die ändern nichts an Ihrem Leben. Sagen Sie einfach ‚Ich weiß es nicht‘, das ist eine Stärke und keine Schwäche. Und stecken Sie den Kompetenzkreis ab, in dem Sie wirklich der oder die Beste sein können.“

Freuen Sie sich aufs Magazin

Zum Schluss ging ein Dank an den neuen Kongressbeirat Kerstin Rapp-Schwan, Simone Kircheis, Holger Knapp und Klaus Striebich. Mehr Eindrücke und Interviews mit Keynote-Speakern vom 20. German Council Congress gibt’s im kommenden Magazin „shopping places“. Und ganz viele Bilder! Der nächste Termin für den GCC steht übrigens schon fest: 13. und 14. September 2023.

Alle ganz Ohr für die spannenden Beiträge der Speaker. © Anna-Lena Ehlers Photography
Auch beim Vorabendevent im Living Berlin kamen interessante Themen aufs Tapet. © Anna-Lena Ehlers Photography