Halbjahresbilanz des Einzelhandel-Investmentmarktes

Das Berliner KaDeWe wurde von Signa zur Hälfte an die thailändische Central Group verkauft. © OMA

Insight

Im ersten Halbjahr 2023 wurden nach Angaben von Colliers in Deutschland Einzelhandelsimmobilien für 2,7 Milliarden Euro gehandelt. Gemessen am Jahresauftaktquartal sank das Transaktionsvolumen auf 1,2 Milliarden Euro oder -18 Prozent. Der Rückgang gegenüber dem zehnjährigen Mittelwert der Vergleichsperiode liegt damit bei 43 Prozent.

Im Vorjahresvergleich ist der Einzelhandel allerdings mit -36 Prozent etwas weniger stark von der allgemeinen Schrumpfung des Transaktionsgeschehens betroffen als der Gesamtmarkt (-64 Prozent). Damit bleibt die Assetklasse mit 27 Prozent Marktanteil weiter auf Platz Eins, gefolgt von Büroimmobilien mit 24 Prozent und Logistik mit 22 Prozent.

Beteiligung an Warenhäusern

Gestützt wurde das Ergebnis im zurückliegenden Quartal vor allem von einer weiteren großvolumigen Anteilsübernahme, die rund ein Viertel des Transaktionsvolumens beitrug. Signa hat eine 20-Prozent-Beteiligung des Offenen Immobilienfonds hausInvest an acht Warenhäusern von der Commerz Real übernommen. Dieses Einzelhandelsinvestment ist zugleich der größte Paketkauf am gesamten Gewerbeimmobilienmarkt in der ersten Jahreshälfte. Zusammen mit der Beteiligungserhöhung der Deutschen EuroShop an fünf deutschen Einkaufszentren aus dem ersten Quartal stieg der Anteil des Portfoliovolumens zwar auf 30 Prozent, bleibt aber, wie auch der Gesamtmarkt, deutlich hinter dem langjährigen Vergleichswert zurück. Bei den Einzeldeals steht mit dem Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe, das im ersten Quartal von Signa zur Hälfte an die thailändische Central Group verkauft wurde, ebenfalls eine Handelsimmobilie an der Spitze. Von lediglich sechs Großdeals in der Kategorie über 250 Millionen Euro, die assetklassenübergreifend zwischen Januar und Juni registriert wurden, stammen vier aus dem Einzelhandelsbereich.

Fachmarktsegment bleibt Rückgrat

Angesichts dieser marktprägenden Großdeals konnten Geschäftshäuser in Eins-A-Lagen, zu denen auch Warenhäuser gezählt werden, ihren dominanten Marktanteil auf 57 Prozent ausbauen, während das Fachmarktsegment rund ein Drittel des Transaktionsvolumen auf sich vereinte. Fachmärkte und Fachmarktzentren bleiben aber mit drei Vierteln aller Vertragsabschlüsse das Rückgrat der Marktaktivitäten. Bei rund 60 Prozent aller Einzelhandelstransaktionen handelt es sich um Nahversorgerimmobilien mit Lebensmittelanker. Die geringen Einzelvolumina und das aktuelle Ausbleiben von Paketkäufen führen allerdings zu einem geringen Volumenanteil von nur 26 Prozent.

Preise nicht mehr zu leisten

Ulf Buhlemann, Head of Retail Investment Germany: „Die Halbjahreszahlen für lebensmittelgeankerte Nahversorgerimmobilien bleiben hinter den Erwartungen zurück, wenngleich für dieses Segment grundsätzlich aktive Investorennachfrage vorhanden ist. Ähnlich wie in anderen Assetklassen liegen derzeit die Preisvorstellungen zwischen Eigentümern und Käufern zu weit auseinander. Unter hohem Nachfragedruck hat die Renditekompression ab 2019 vergleichsweise spät und stark eingesetzt, die bis in das Jahr 2022 hinein erzielten Preise sind aber angesichts der aktuellen Finanzierungsbedingungen nicht mehr zu leisten. Zahlreiche Portfolios mit bonitätsstarken Mietern und langen Vertragslaufzeiten befinden sich aktuell in der Vermarktung, deren Abschluss im Wesentlichen von der Einigung über den Kaufpreis abhängt.“ Insgesamt sind die Bruttospitzenrenditen im lebensmittelgeankerten Fachmarktsegment laut Colliers in den vorigen drei Monaten nochmals deutlich auf 5,50 bis 5,75 Prozent angestiegen. Weniger stark fielen die Renditezuwächse von rund zehn bis 20 Basispunkten im Highstreet-Bereich der sieben großen Investmentzentren aus. Diese liegen für Geschäftshäuser in Eins-A-Lage in einer Spanne zwischen 4,20 und 4,40 Prozent

Prime-Produkte bieten Opportunitäten

Matthias Leube, CEO & Head of Capital Markets bei Colliers: „Die weitere Entwicklung des Investmentgeschehens im Einzelhandelssegment wird stark davon abhängen, wie schnell die Repricing-Phase abgeschlossen ist. Im lebensmittelgeankerten Fachmarktsegment ist Kapital zur Neu-Investition vorhanden, allerdings haben sich die Verkaufspreise noch nicht auf dem Niveau eingependelt, die die nun notwendigen Ausschüttungsrenditen begründen. Gleichzeitig zeigen die Beteiligungsübernahmen innerstädtischer Geschäftshäuser und Einkaufszentren, dass Prime-Produkt oder solche mit Wertentwicklungspotenzial lohnende Opportunitäten bieten. Der in diesen Einzelhandelssegmenten bereits vorangeschrittene Konsolidierungsprozess könnte auch im weiteren Jahresverlauf zur Belebung des Transaktionsgeschehens beitragen. Zudem erwarten wir im zweiten Halbjahr verstärkt Verkaufsangebote von regionalen Shopping Centern sowie von Hybrid-Centern, die vor allem durch anstehende Refinanzierungen und Portfolio-Umstrukturierungen getrieben sein werden.“