Hotspot für Mainz
Handel und Immobilien
Substanz
Susanne Müller
Eine Perle für Shopping und Freizeit wird in einigen Jahren die Mainzer Innenstadt aufpolieren. Noch ist das ehemalige Karstadt-Haus an der einst von Napoleon als Prachtboulevard erbauten Ludwigsstraße eine urbane Experimentierfläche in Form des lokalen Concept-Stores lulu. Doch die regionalen Investoren J. Molitor Immobilien GmbH und Sparkasse Rhein-Nahe wollen den Rohdiamanten schon bald facettenreich schleifen.
Im Grunde geht’s dabei ausschließlich um „Lage, Lage, Lage“, denn das ehemalige Kaufhaus mitten in der City, von dessen Dachterrasse Besucher jetzt schon einen fantastischen Ausblick über die Stadt genießen, soll komplett abgerissen werden. „Lediglich Teile der Tiefgarage bleiben erhalten“, verrät Tina Badrot, Geschäftsführerin bei Molitor. In einem 50:50-Joint-Venture mit der Sparkasse Rhein-Nahe entsteht das Innenstadtquartier LU: – eine Destination voller Leben. „Wir als regionale Investoren haben hier den gordischen Knoten jahrzehntelangen Stillstands zerschlagen“, so Tina Badrot.
Engelhorn Sport als Ankermieter
Als Molitor und Sparkasse Rhein-Nahe die viergeschossige Immobilie erwarben, planten die Projektentwickler noch mit Karstadt als Ankermieter. „Die Schließung hatte letztendlich jedoch auch etwas Gutes, denn plötzlich hatten wir Denkfreiheit und konnten uns fragen: Was braucht eigentlich die Mainzer Innenstadt?“, erinnert sich Tina Badrot. Mit Engelhorn Sport ist bereits ein namhafter Nachfolger für die Warenhauskette gefunden, der das City-Sortiment perfekt ergänzt. „Wir schlagen damit die Brücke von Mannheim nach Mainz“, äußerte sich Fabian Engelhorn, CEO und Geschäftsführer der Engelhorn Gruppe, anlässlich der GCSP-Powerdays. „Mit einem einzigartigen Department-Store werden wir im LU: ein echtes Markenerlebnis schaffen.“ Insgesamt rund 10.000 Quadratmeter Fläche, verteilt auf zwei Gebäudeteile, werden dem Einzelhandel im LU: zur Verfügung stehen – Potenzial für viele spannende Stores.
Dass die Adresse fürs City-Life relevant ist, zeigt die gut angenommene Zwischennutzung. „Seitdem Karstadt vor drei Jahren den Betrieb einstellte, haben wir zum Beispiel die Ausstellung ‚The Mystery of Bansky‘ in der lulu gehabt, die Menschen von weit her nach Mainz lockte. Pop-up-Konzepte, Modenschauen, Partys – alles wurde bestens angenommen. Das Haus hat schon jetzt eine große Strahlkraft und ein gewisses Image“, so Tina Badrot.
Kulturwarenhaus bereits im Bau
Das LU: wird in Zukunft für Handel, Kultur und Genuss stehen. Im benachbarten Areal an der Fuststraße, das mit zum neuen Quartier gehört, sind die Arbeiten für den Neubau bereits im Gange – der erste Bauabschnitt geht gerade vonstatten. Dort wird der kulturelle Schwerpunkt liegen, beispielsweise als Proben- und Konzertsaal für das Staatsorchester Mainz. Aber auch andere Kunstformen werden an dieser Stätte Raum finden. „Kulturwarenhaus“ nennt Tina Badrot diesen Komplex.
Gartenlandschaft auf dem Dach
Auch für das Hauptgebäude steht längst die Planung. Einziehen wird zum Beispiel das Tristar Tribe Hotel mit rund 197 Zimmern im Vier-Sterne-Bereich, Konferenzräumen und Co-Working-Spaces. Vorgesehen ist ferner eine Aufsehen erregende begrünte Dachlandschaft mit Rooftop-Bar inklusive wunderbarem Blick auf den Dom sowie einer Gastro-Terrasse mit kleiner kulinarischer Karte, „ein Angebot für die Mainzer Bürger ohne Verzehrzwang und einmalig in der Stadt“, sagt Tina Badrot. „Eine dritte Terrasse bespielen wir als Eventlocation beispielsweise für Hochzeiten, Jubiläen oder Kindergeburtstage.“
Einfach gut fürs Klima
Dieser großflächige Dachgarten, der durch eine Treppenanlage von der Pop-up-Halle aus sowie über Aufzüge für Publikumsverkehr erschlossen und damit öffentlich zugänglich wird, soll nicht nur ein Erlebnis für Einheimische und Touristen darstellen, sondern auch Stadtklima und Luftqualität verbessern. Die mit Gräsern, Sträuchern und Stauden bepflanzten grünen Areale sind außerdem eine Heimat für Insekten – Stichpunkt Biodiversität. Der Innenhof zur Deutschen Bank und das Atrium des Hotels wollen die Entwickler ebenfalls intensiv begrünen. Die Energiegewinnung erfolgt über Geothermie und Photovoltaik.
Durchs Hangartor in die Pop-up-Halle
Ein Eyecatcher wird der spektakuläre Eingangsbereich: Das LU: erhält ein riesiges Hangartor, das normalerweise nur in Flughäfen zu finden ist und durch das tatsächlich ein Jet passen würde. Es stellt die Verbindungsachse zwischen dem In- und Outdoorbereich dar. Dahinter liegt zukünftig eine vielseitig bespielbare großräumige Pop-up- und Eventhalle, die als Publikumsmagnet dient. Dort werden sich auch Streetfood-Stände ansiedeln, neben Pop-up-Stores von innovativen Marken und Local Heroes.
Riesige Zahnlücke füllen
Handel und Innenstadt in Mainz bräuchten zur Belebung verschiedene Elemente, so die Molitor-Geschäftsführerin: „Wir füllen hier eine riesengroße Zahnlücke. Mainz hat generell viel zu bieten, vom neu gestalteten Rheinufer bis hin zum Gutenberg Museum. Auch durch die in und um Mainz ansässigen, weiter wachsenden Biotechnologie- und Pharmaunternehmen erfährt die Stadt derzeit kraftvolle Impulse. Das Innenstadterlebnis sollte damit Hand in Hand gehen. Mainzer Genussfreude und pralles kulturelles Leben treffen auf Shopping-Vergnügen.“
Bestens zu erreichen
Das Einzugsgebiet des LU: umfasst die rund 5,8 Millionen Einwohner der Metropolregion Rhein-Ruhr, 1,2 Millionen von ihnen erreichen die Mainzer Innenstadt binnen 30 Minuten Fahrzeit. Hinzu kommen etwa 40.000 Studierende in der Stadt. Das Autobahndreieck Mainz liegt nur zehn Fahrminuten vom Parkhaus des LU: mit seinen rund 300 Auto- und 330 Fahrradplätzen, E-Ladesäulen und Car-Sharing-Stellplätzen entfernt. In der Umgebung stehen in 19 weiteren Parkhäusern etwa 8300 Parkplätze zur Verfügung. Zwei ÖPNV-Knotenpunkte sowie eine Bushalteestelle in unmittelbarer Nähe sorgen ebenfalls für beste Erreichbarkeit.
Zeitplan ist gesteckt
Im Frühjahr 2024 hoffen Molitor und Sparkasse Rhein-Nahe auf die Baugenehmigung für den Bereich des Ex-Karstadt-Hauses. Allein für den Rückbau ist einige Zeit veranschlagt, dann legen die Projektentwickler los. Die Fertigstellung ist, sofern bald mit dem zweiten Bauabschnitt gestartet werden kann, noch für 2026 vorgesehen. Den Zuschlag für die Planung hat nach einem Architekturwettbewerb in 2020 das renommierte Büro Faerber Architekten erhalten. Verzahnte Prozesse bei der Unternehmensgruppe Molitor/Gemünden, die von der Projektentwicklung über die Planung bis hin zur Bauausführung, Vermarktung und Gebäudebetrieb alles abdeckt, dürften rasche Fortschritte gewährleisten.
Susanne Müller