Individualisiertes Shoppen

Individualisiertes Shoppen durch Omnichannel. © Montri – stock.adobe.com

Handel und Immobilien
Urbanität

Susanne Müller

Mehr Autonomie beim Kanalwechsel: Jeder Zweite wünscht sich einfache und einheitliche Einkaufserfahrungen – egal ob im Laden, im Netz oder verknüpft. Der Anspruch an Omnichannel steigt und wird durch jüngere Konsumenten getrieben. IFH KÖLN, Google und HDE zeigen in einer brandneuen Omnichannel-Studie auf: Innovationen, bestenfalls mit KI-Unterstützung, helfen Händlern bei vernetztem Kanaleinsatz.

Online oder stationär? Online und stationär! Omnichannel ist das Credo im Handel, denn Kundinnen und Kunden kaufen verstärkt kanalübergreifend. Aber: Zwischen dem, was sie von Omnichannel-Services erwarten, und den existierenden Omnichannel-Angeboten von Händlern existiert nach wie vor eine Kluft. Zu diesem Schluss kam bereits im vergangenen Jahr die Google Omnichannel Excellence Study (GOES), die in diesem Jahr als Google Omnichannel Future Study (GOFS) die Frage stellt: Wo sollten Händler jetzt investieren, um für ihre Kunden und deren Wünsche an Omnichannel-Services relevant zu bleiben? Fazit der Studie, für die über 3000 Konsumenten aus Deutschland online befragt sowie 30 Interviews mit Expertinnen und Experten aus Handel und Industrie geführt wurden: Die Ära der Kundenzentrierung hat gerade erst begonnen. KI und Machine Learning setzen neue Maßstäbe für den Omnichannel der Zukunft.

Gen Z wechselt individuell Kanäle

„Der Anspruch der Konsumentinnen und Konsumenten an das ideale Einkaufserlebnis wächst unaufhaltsam. Kein Wunder: Mit zunehmenden digitalen Möglichkeiten wächst die Erwartungshaltung an die praktische Umsetzung – das gilt insbesondere für die junge Zielgruppe der Gen Z, die täglich und individuell zwischen Einkaufskanälen wechselt. Händler müssen hier technologisch unbedingt am Ball bleiben, sonst verlieren sie die Konsumenten der Zukunft“, so Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH KÖLN.

Oberstes Gebot: Do not babysit!

Eine gute Kundenerfahrung beim Einkaufen ist einfach und einheitlich – vor allem bei der jüngeren Generation, welche schon jetzt die Erwartungen an den Handel der Zukunft definiert. Die unter 35-Jährigen nutzen ganz selbstverständlich mehrere Kanäle zum Einkaufen – der Fokus liegt auf dem Smartphone, aber auch stationäre Läden haben nach wie vor Relevanz. Welcher Kanal genutzt wird, entscheidet sich situativ und individuell. Kunden entscheiden eigenständig ihre Customer Journey und haben kanalübergreifend ähnliche Prioritäten: Einfaches Suchen und Finden von Produkten, günstige Preise und gute Angebote sind die Top-Kriterien.

Verknüpfung beider Welten

„Der Handel muss die Kundinnen und Kunden dort abholen, wo sie sind – also online genauso wie im realen Leben. In der Verknüpfung beider Welten liegt der Schlüssel zum Erfolg. Entsprechende Lösungen können beispielsweise Kunden-Apps oder Displays im stationären Einzelhandel sein. Im Onlinebereich werden soziale Medien für den Handel weiter an Bedeutung gewinnen“, so Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).

Innovativ und vernetzt in die Zukunft

Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen „Kanal-egal“-Ansatzes definieren sich unter anderem über Innovationen – insbesondere über solche, die mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz kanalübergreifend Kundendaten messen. Das Device mit steigender Omnichannel-Zukunftsperspektive bleibt das Smartphone. Es dient als Hyperconnector verschiedener Touchpoints. Schließlich nutzt schon jetzt rund ein Viertel der unter 35-Jährigen Apps auf dem Smartphone als Informationskanal vor einem geplanten Kauf – egal ob online oder stationär.

Die Studienautorinnen und -autoren leiten drei relevante Investitionsbereiche, auf die Händler bei einer erfolgreichen Omnichannel-Strategie unter anderem achten sollten.

Drei Investitionsbereiche

Autonomie im Fokus: Omnichannel wird für nachwachsende Kundengruppen immer wichtiger. Eine autonome Kundenerfahrung wird zukünftig zentral. Händler sollten deshalb Maßnahmen und Services danach bewerten, ob sie die Autonomie ihrer Kundinnen und Kunden steigern.

Keine Angst vor Innovationen: Omnichannel-Services, die auf Convenience, Zeitersparnis und Autonomie ausgerichtet sind, punkten bei der jüngeren Generation. Sie werden schnell adaptiert und zum neuen Standard. Deshalb führt für Händler kein Weg an der Transformation zu einer Innovationsorganisation vorbei, die dieses Tempo mitgehen kann.

Erfolge messen und Daten miteinander verknüpfen: Omnichannel bedingt eine kanalübergreifende Erfolgsmessung. Daher müssen Händler in der Lage sein, alle Touchpoints zu verbinden. KI kann helfen, diese Daten zu verknüpfen, wobei das Smartphone als Hyperconnector die Brücke zwischen den Welten schlägt.

Strategien erweitern

„Die Google Omnichannel Future Study zeigt, dass Kunden selbst bestimmen, wo sie sich informieren und wo sie kaufen – und erwarten von Händlern Kundenzentrierung auf allen Kanälen. Kunden priorisieren im Kaufprozess kanalübergreifend die gleichen Kriterien. Für Händler bedeutet das: Sie sollten ihr Ladengeschäft genauso fit machen wie den E-Commerce. Händler sollten ihre Strategien zur Datenmessung erweitern und in der Lage sein, alle Touchpoints zu verbinden. Künstliche Intelligenz kann helfen, diese Daten zu verknüpfen“, sagt Judith Büchl, Lead Omnichannel bei Google Deutschland.

Das sagen Experten

Simon Kramm, Chief Client Officer der PIA Media: „Omnichannel bedeutet vor allem, Kundinnen und Kunden auf Wunsch jederzeit einen Kanalwechsel zu ermöglichen – ohne dass ein solcher Wechsel grundsätzlich notwendig wäre. Dafür bedarf es eines deutlich stärkeren Zusammenwachsens beteiligter Disziplinen. Im besten Fall gibt es ein übergreifendes Budget, ein übergreifendes Verkaufsziel, eine übergreifende Attribution und Messung."

Andrea Lederer, Director eCommerce Central Eastern Europe + Omnichannel, DOUGLAS GmbH: „Kunden sollen zu jeder Zeit über unterschiedliche Touchpoints mit uns als Unternehmen interagieren können. Dazu gehört beispielsweise auch, die Sichtbarkeit unserer Stores über digitale Kanäle zu steigern. Eine gute Indikation dafür liefert Google My Business. Dabei betrachten wir den gesamten Einkaufsprozess der Kunden und evaluieren, wie wir diesen durch Omnichannel-Maßnahmen optimieren können.“

Stephanie Wölfel, Head of Digital Business, Ernsting's family GmbH & Co. KG: „Wenn man Fehler macht, heißt das, dass man überhaupt etwas macht! Fehler sind wichtig, um daraus zu lernen und sich im Omnichannel weiterzuentwickeln! Es hilft weiterhin, immer wieder darauf zu schauen, was für die eigenen Kunden das Beste ist. Es geht nicht darum, Themen auf die Roadmap zu setzen, die gerade in sind oder die dem Vorgesetzten am besten gefallen. Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellen, darum geht es.“

Susanne Müller