Individuelle Konzepte sind das A und O, wenn ein Center erfolgreich sein will

Lars Jähnichen
Lars Jähnichen © Quirin Leppert

Interview
Konsum

Susanne Osadnik

Lars Jähnichen, Geschäftsführer und Gesellschafter der IPH Handelsimmobilien GmbH sowie der IPH Centermanagement GmbH,  über das Center- und Vermietungsmanagement-Mandat für die Buchholz Galerie in Buchholz in der Nordheide/Niedersachsen und über künftige Anforderungen an kleine und mittelgroße Einkaufszentren

Herr Jähnichen, die IPH übernimmt zum ersten Januar kommenden Jahres das Center- und Vermietungsmanagement-Mandat für die Buchholz Galerie im niedersächsischen Buchholz in der Nordheide. Eigentümer des Centers ist die Real I.S. AG – ebenso wie die IPH in München angesiedelt. Wie gut kennen Sie die norddeutsche Provinz und die Bedürfnisse ihrer Bevölkerung?
Lars Jähnichen: Wir wissen schon eine Menge über Buchholz und die Kaufkraft seiner Bevölkerung, die immerhin 17 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Wir kennen auch das Objekt mit seinen 12.400 Quadratmetern, weil wir uns schon länger mit der Galerie beschäftigen. Unser jetziges Mandat ist aus einem Beratungsvertrag hervorgegangen, im Rahmen dessen wir uns schon eine ganze Weile mit Zahlen, Daten, Fakten, Vermietungskonzepten und Weiterentwicklungschancen des Centers auseinander gesetzt haben. Insofern ist uns Buchholz nicht fremd und wir sind sicher, in den kommenden Monaten auch vor Ort noch vertrauter mit den Buchholzern zu werden. Zudem verantworten wir bereits seit Jahren vier Shopping Center in Hamburg und kennen auch den Norden ganz gut.

Die Galerie Buchholz scheint auch in Corona-Zeiten so gut wie keinen Mieter verloren zu haben. Warum bedarf es dennoch Ihrer Expertise?
Die Buchholz Galerie ist das Herz des stationären Einzelhandels im 40.000 Einwohner zählenden Buchholz und ist mit seiner Nähe zum Bahnhof und zum ZOB (Busbahnhof) bestens platziert. Die Galerie ist auch geografisch ein Verbindungsstück zwischen dem großen Famila und der Innenstadt mit ihrem Marktplatz. Im kommenden Jahr wird die Galerie zehn Jahre alt und hat sich gut etabliert. Gleichwohl bedeutet Handel nicht Stillstand, sondern Veränderung und im Laufe der vergangenen Dekade haben sich auch andere und neue Wünsche bei den Kunden entwickelt. Jetzt zu analysieren, wie man die Galerie fit für das nächste Jahrzehnt macht, ist unser Job.

Gibt es schon konkrete Pläne, inwieweit sich die Galerie Buchholz optisch und auch vom Angebot her verändern wird?
Aktuell kann ich zumindest schon mal so viel verraten, dass das Center künftig ein wenig höherwertig platziert wird und die eine oder andere Fehlbranche in der Innenstadt von Buchholz abdecken soll. Außerdem prüfen wir, inwieweit die Angebote des periodischen Bedarfs ausgeweitet werden können und auch ein gastronomisches Angebot mit Sitzmöglichkeiten zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität beitragen kann. Die Möglichkeiten dafür sind jedenfalls gegeben und wir sind überzeugt, dass die Kunden das Angebot auch gut annehmen werden.

Noch ist die Pandemie nicht vorbei. Sicher ist aber jetzt schon, dass es auch für den Handel nicht ein einfaches Zurück in die vermeintlich besseren Zeiten geben wird. Wie werden sich kleinere und mittelgroße Center verändern (müssen)?
Auch für die kleineren und mittelgroßen Center gilt, dass jeder Standort für sich analysiert und bewertet werden muss. Individuelle Konzepte sind das A und O, wenn ein Center erfolgreich sein will. Solche Konzepte müssen die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe abbilden. Ich muss also ganz genau wissen: Wer kauft hier was und wie häufig ein? Was fehlt noch? Das ist die Basis. Darüber hinaus gehört dazu auch, auf regionale und lokale Besonderheiten einzugehen, die für die Bevölkerung vor Ort wichtig sind. Dabei können durchaus auch Lösungen außerhalb des Handels angedacht  werden, sofern Synergien zwischen den jeweiligen Nutzungen möglich sind.

Sehen Sie grundsätzlich besonderen Beratungsbedarf für diese  Shopping Center im kommenden Jahr – auch durch ordnungspolitische Veränderungen wie das Inkrafttreten der Taxonomieverordnung?
Beratung und damit zielgerichtetes konsequentes Handeln auf Basis einer klaren Analyse wird immer wichtiger. Das ist allein schon deshalb notwendig, weil die Nachfrage nach Handelsflächen weiter nachgeben wird. Die Gründe dafür sind bekannt: Zum einen wächst der Online-Handel und sorgt für weniger Frequenz in den Läden. Das führt mittel- bis langfristig zur Konsolidierung von Filialnetzen – vor allem im Textilbereich haben wir das auch schon vor Corona beobachten können. Zum anderen bedeutet diese Entwicklung, die Verkaufsflächen in einem anderen Licht zu sehen: Statt einfach nur Waren zu präsentieren, wird der Shop vor Ort mehr und mehr zum Schaufenster. Und das Shopping Center selbst sollte sich dementsprechend zu einem sogenannten Third Place entwickeln – einem Anziehungspunkt für die Menschen in der Stadt, dem jeweiligen Stadtteil oder der Region. Das zu verstehen und künftig in die richtigen Bahnen zu lenken, ist die große Aufgabe der Zukunft – und zwar nicht nur für Handel, Betreiber und Investor, sondern auch für die jeweilige Stadt. Um erfolgreich zu sein, müssen alle zusammenarbeiten, etwa gemeinsame Aktivitäten koordinieren und sich auch über etwaige Verkaufsflächenbeschränkungen oder über die Nutzung öffentlicher Flächen – vor allem für Außengastronomie – auseinander setzen. Manchmal bedarf es auch kreativer baurechtlicher Lösungen, beispielsweise durch Anwendung des relativ neuen urbanen Gebiets, um auch Konzepte integrieren zu können, die lärmintensiver sind. Immer wichtiger wird auch das Thema Nachhaltigkeit in seiner wirtschaftlichen, sozialen und technisch/ökologischen Dimension. Die meisten Investoren sind heutzutage demgegenüber sehr aufgeschlossen. Da es aber nur wenige klare Vorgaben gibt, wird der Beratungsbedarf künftig immer größer werden.
    
Wie müssen kleinere und mittlere Einkaufszentren künftig »aussehen«, wenn Investoren sich für sie begeistern sollen?
Das Wichtigste ist, dass Shopping Center sich klar positionieren, was Mietermix, Design und Marketing anbelangt. Das Ganze muss auch in der Kommunikation nach außen so präsentiert werden, dass die Kunden das Konzept verstehen und annehmen können. Um Frequenzen nachhaltig zu sichern, muss es ein relevantes Angebot geben und Handelskonzepte, die als Frequenzbringer erfahrungsgemäß viele Kunden anziehen. Auch Lage und Erreichbarkeit werden künftig immer mehr Gewicht erhalten, weil die Menschen sich innerhalb der Städte mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen. Wenn ein Center an einem ÖPNV-Schwerpunkt liegt, ist das sicher schon mal ein strategischer Vorteil gegenüber einem Center, das eher abseits  angesiedelt ist. Aus Sicht von Mietern und Vermietern wird die Zukunft zunehmend dadurch bestimmt sein müssen, dass Mieterträge nachhaltig erwirtschaftet werden können. Zusammenfassend kann man sagen: Das aktive Management von Shopping Centern wird mehr denn je ein Muss sein; ebenso die Bereitschaft von Investoren, kontinuierlich zu investieren. Und Center-Betreiber werden in Zukunft noch viel mehr mit ihren Mietern zusammenarbeiten  und auch in Sachen Marketing kreativer werden müssen.
 

Das Interview führte
Susanne Osadnik,
Chefredaktion Shopping Places*