Ins Gesicht geschaut

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Optimismus
Susanne Müller
Wäre es nicht faszinierend, im Gesicht eines Menschen all seine guten und schlechten Eigenschaften zu erkennen? Benita Justus beherrscht diese Kunst perfekt. Als Profilerin kann sie aus einem simplen Foto bereits allerlei Rückschlüsse ziehen. Mit ihrer Headbased-Methode unterstützt sie sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
Benita Justus kommt als Frohnatur rüber, offen, freundlich, nahbar. Und doch – was mag sie jetzt wohl aus ihrem gegenüberliegenden Gesicht herauslesen? Enttarnt sie auf den ersten Blick Eigenschaften, die dem Gesprächspartner selbst nicht bewusst sind? Ganz so oberflächlich läuft das allerdings nicht, denn die Expertin greift bei ihrer Persönlichkeits-Analyse auf profunde Techniken zurück.
Jede einzelne Falte zählt
„Es stimmt, ein Foto liefert mir belegbare Hinweise“, erzählt Benita Justus. „Im menschlichen Gesicht gibt es 164 Punkte, die auf Stärken und Schwächen verweisen. Jede Falte zählt dabei und jede Erhöhung und Tiefe. Diese Persönlichkeitsmerkmale setze ich mithilfe einer Matrix zueinander in Beziehung.“ Wenn ihr ein Unternehmen, das eine ganz bestimmte Position besetzen möchte, das Portraitbild des Kandidaten zur Verfügung stellt, gewinnt sie einen starken ersten Eindruck.
Vertiefung im Gespräch
Wie zum Beispiel ein Kinn geformt ist, zeigt Benita Justus die Tatkraft eines Menschen - ob er fürsorglich ist oder eher ein Macher. „Dazu noch ein starker Höcker auf der Nase oder keiner: Solche Merkmale sprechen für mich Bände.“ Ihren ersten Eindruck untermauert ein Gespräch. „Über kurze, klare und prägnante Fragen im Zoom-Meeting mit meinen Klienten vertiefe ich meine Analyse.“
Grundlegende Eigenschaften
Wie funktioniert die Methode? „Die Grundnaturelle des Menschen sind ihm in die Wiege gelegt und ändern sich im Laufe des Lebens nicht“, weiß Benita Justus. „Ich erkenne zum Beispiel auf Anhieb Bewegungsaktivisten, die sehr fokussiert sind und den Drang haben, nach draußen zu müssen.“ Mit Esoterik hat ihr Metier nichts zu tun. „Schließlich bestimme ich keine Auren“, schmunzelt sie. „Profiling ist eine Fertigkeit, die sich erlernen lässt. Das ist genauso wie bei einer Sprache – Sie pauken Vokabeln, Grammatik, Satzbau. Auch der Headbased-Methode liegt eine solch solide Basis zugrunde.“
Bauchgefühl kann trügen
Nicht selten wird Benita Justus von Unternehmen zu Rate gezogen. „Wenn Sie einen Menschen mögen, lässt sich aus dieser Sympathie noch lange kein Rückschluss auf seine beruflichen Fähigkeiten ziehen“, beschreibt sie. „Viele Leute in höheren Positionen sind überzeugt von ihrem guten Bauchgefühl. Das kann aber oft trügen, und wenn ihre Einschätzung dann nicht zutrifft, folgt die Enttäuschung auf dem Fuße. Der Bewerber muss schließlich zu bestimmten Tätigkeiten fähig sein, gewisse Eigenschaften besitzen, um in einer speziellen Position Erfolg zu haben. Jeder hat andere Motivationen, Perspektiven und Qualitäten.“
Die Position muss passen
Und sie gibt Beispiele. „Wer zum Beispiel wenig Redebedürfnis hat, erscheint Anderen häufig als arrogant. Dabei blüht er vielleicht im Team richtig auf und fühlt sich dort so wohl, dass er Höchstleistungen erbringt. Oder ein Mensch, der zwar langfristig denkt, dem aber das mathematische Verständnis abgeht. Als Steuerberater wäre er sicher nicht geeignet, aber möglicherweise als CSO oder Vertriebsleiter.“ Daher gibt Benita Justus oft ganz konkrete Empfehlungen ab, die Person besser auf einem anderen Posten einzusetzen als dem ursprünglich geplanten.
Den ersten Anstoß geben
Benita Justus ist selbstständig und als Expertin im In- und Ausland gefragt. „Hierzulande gibt es sehr wenige Menschen, die das können“, sagt sie. Und betont, weder Psychologin noch Coach zu sein. Vielmehr möchte sie die Menschen in ihrer Persönlichkeitsfindung unterstützen. Klarheit stehe zu Beginn jeder Neuausrichtung, denn sonst sei kein Fokus möglich. Es gelte zudem zu verstehen, wie jemand kommuniziert: „Manche Menschen berufen sich ausschließlich auf Fakten, andere provozieren gern und lernen über die Auseinandersetzung.“ Und so steht sie Privatpersonen, die sich weiter entwickeln möchten, ebenso zur Verfügung wie Firmen in punkto Kurzanalysen, Einstellungen, HR und Teambuilding. Als „Sechser im Lotto“ und echte Passion bezeichnet sie ihre Berufung. Nur eines würde sie niemals tun: unaufgefordert Antworten geben. Die meisten Menschen sehnen sich aber ohnehin danach. „Sie sind meist erleichtert, wenn ihre Strukturen erkannt werden, fühlen sich ruhig und gelassen und frei, neue Wege zu finden.“
Susanne Müller