Katzentempel auf Expansionskurs

Katzentempel
Ein Katzentempel mit großer Glasfront. © Katzentempel

Handel und Immobilien
Substanz

Vincent Müller

Ob Student oder Rentner, Banker oder Punk, Familienmensch oder Single – manche Dinge lieben fast alle. Katzen sind eines davon. Der Katzentempel ist ein Franchiseunternehmen, das zwei USPs miteinander verbindet: Katzen und veganes Essen. Damit ist der Betrieb mit Ganztagsgastronomie eine Weiterentwicklung der Katzen Cafés, die es in einigen Städten gibt. Wir haben mit Besitzerin Kathrin Karl und dem Expansionsexperten Sascha Pillmann-Behr, der den Katzentempel gepusht hat, gesprochen.

Das Konzept ist so simpel wie effektiv: Während des Restaurantbesuchs begleiten flauschige Fellnasen die Gäste beim Essen. Im Katzentempel können eingefleischte Katzenbesitzer das Heimweh nach ihren Stubentigern besiegen, und diejenigen, die noch Fans der Samtpfoten werden möchten, haben dort ganz unverbindlich einen Berührungspunkt. Der Katzentempel expandiert rasant und ist mittlerweile in 15 deutschen Städten zu finden.

Kein Konzept aus der Petrischale

Inhaberin Kathrin Karl ist von Haus aus promovierte Neurowissenschaftlerin, ihr Geschäftspartner Thomas Leidner Banker – eine gute Kombi, um gerade dieses Konzept zu launchen. Thomas hat 2013 den ersten Katzentempel eröffnet, Kathrin kam ein Jahr später hinzu. 2016 gründeten die beiden Veganer dann die Katzentempel GmbH, um sich einen Traum zu erfüllen und die Welt ein bisschen besser zu machen. Dadurch, dass sie beide branchenextern sind, haben sie auf viele Dinge eine andere Sicht. Der Katzentempel ist kein Konzept, das in der Petrischale geschaffen wurde, um die größtmöglichen Besucherzahlen zu erreichen, sondern basiert auf Überzeugung. „Wir erachten es nicht als sinnvoll, ein Schwein zu essen und nebenher eine Katze zu streicheln“, unterstreicht Kathrin Karl ihre Intention. Vermutlich ist gerade diese Authentizität der Grund für den Erfolg des Katzentempels. Und der ist unbestreitbar: Vor den Läden bilden sich nicht nur bei der Eröffnung lange Schlagen – ohne eine Reservierung ist es insbesondere an Wochenenden schwierig, einen Platz zu ergattern. In Regensburg gab’s innerhalb der ersten Woche sage und schreibe eintausend Vorbestellungen.

Aufmerksamkeit catchen

Sascha Pillmann-Behr ist nicht überrascht von diesem Winning-Game, war er doch von Anfang an vom Potenzial des Unternehmens überzeugt. Als Expansionsberater arbeitet er auch mit anderen nachhaltigen Unternehmen wie immergrün und Haferkater zusammen. „Ich glaube, dass Themen wie Gesundheit, Nachhaltigkeit und Veganismus immer mehr Menschen interessieren und auf dem Markt gut funktionieren“, sagt er. Die Zusammenarbeit mit dem Katzentempel war für ihn also ein No-Brainer. „Nur gute Pizza zu machen, reicht nicht. Du musst es schaffen, die Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen, um angesagt zu sein“, gibt er sich leidenschaftlich.

Marketingpotenzial ist das A & O

Das Konzept des Katzentempels schafft‘s mühelos, nicht nur die Presse, sondern auch Influencer und Youtuber anzuziehen. Zu diesen außergewöhnlichen Geschäftsideen zählt für Sascha Pillmann-Behr zum Beispiel Cookie-Couture, ein Gebäckladen, der seine Edel-Kekse wie in einem eleganten Juwelier präsentiert. Jedoch ist nicht jeder verrückte Einfall auch gleich der Schritt zum langjährigen Erfolg. Sehr oft seien diese Konzepte nur ein bis zwei Jahre im Hype. Das Wichtigste, um sich abzusetzen, sei das Marketingpotenzial. „Wenn du ein Konzept hast, das tausendfach gespielt wird, hat derjenige, der es schafft, das mit TikTok oder Instagram zu vernetzen, ganz andere Möglichkeiten.“ Beim Katzentempel sei das ein Jackpot, denn Katzencontent ist schon seit Anbeginn des Internets ein Dauerbrenner.

Augen auf bei der Partnerwahl

Doch eine gute Idee bedeute noch nicht automatisch, dass das Konzept auch expansionsfähig sei, so Sascha Pillmann-Behr. Vor allem die internen Prozesse seien sehr relevant. Das Geheimnis: die gute Zusammenarbeit mit den Partnern. Bei der Auswahl der Franchisenehmer sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Was niemand möchte, ist ein Partner, der unzuverlässig ist und nicht einhält, was er verspricht. Die Partnerwahl ist insbesondere beim Katzentempel nicht leicht, denn die potenziellen Restaurantbesitzer stehen Schlange. Unsere Interview­partner lachen: „Wir haben genug Franchisenehmer und suchen nur noch die Immobilien.“ Kathrin und Thomas nehmen ihre Rolle als Franchiseunternehmer außerdem sehr ernst. „Unser Service an die Partner ist, dass wir keine Fehler machen. Keine verrückten Immobilien, und wenige Risiken eingehen.“ Denn obwohl der Katzentempel wie ein mutiger Schritt nach vorne wirkt, wird hinter den Kulissen sorgfältig geplant. „Wenn man zu schnell expandiert, und die Zentrale wächst nicht gesund mit, kann es auch ganz schnell wieder in die andere Richtung gehen“, ist den Unternehmern bewusst – ein solides Fundament mit stimmigem Konzept und effektiver Digitalisierung sind ist daher unabdinglich. „Das ist schon ‘ne echte Challenge“, schmunzelt Kathrin Karl.

Voll auf Expansionskurs

Der Katzentempel meistert diese Challenge aktuell mit Bravour. Die Filialen haben sich innerhalb des vorigen Jahres verdoppelt und konnten teilweise siebenstellige Einkünfte verzeichnen. Ein Trend, der so weitergeführt werden soll. „Wir sind an einer Stelle, an der wir schnell expandieren können. Wenn wir die Bremse lösen, können wir locker zehn bis zwölf Stores im Jahr eröffnen. Dann wird das Wachstum auch steiler sein“, so Sascha Pillmann-Behr. Er ist auf der Suche nach neuen Standorten für das Restaurant. „Dieses Konzept funktioniert in vielen Lagen. In der Fußgängerzone mit hoher Frequenz, aber auch in gemütlicheren B-Lagen“. Dabei sollte aber die Deckenhöhe der Location passen, denn für die Katzen wird hoch oben ein Catwalk angebracht, auf dem sie über die Köpfe der Kunden spazieren können. Wenn dann noch ein einigermaßen großes Schaufenster dazu kommt, um das Flair des Restaurants gut nach draußen präsentieren zu können, passen die Räumlichkeiten perfekt.

Forschung um Katzenliebhaber

Bei der Standortwahl kommt‘s natürlich auch aufs Viertel an. In der Hannoveraner Südstadt haben die Unternehmer beispielsweise genau ins Schwarze getroffen, dort wohnen nämlich zufälligerweise die meisten Katzenbesitzer. Nun stehen sie im Austausch mit einem Unternehmen, das erforscht, wo statistisch die meisten Menschen einen Stubentiger haben. Die Zielgruppe ist zwar breit aufgestellt – insbesondere spricht das Konzept aber Frauen und junge Familien mit Kindern an. Durch die nachhaltigen Lebensmittel sind einige Gerichte nämlich durchaus oberhalb des Standardpreises. „Durch das vegane Konzept haben wir natürlich auch junge und alternative Leute an Bord“, sagt Kathrin Karl.

Investoren mögen vegane Konzepte

Wer nun aber denkt, ein Großteil der Gesellschaft sei vom Veganismus abgeschreckt, der irrt. „Vor fünf Jahren waren durch veganes Essen manche irritiert. Durch die aktuelle Entwicklung sind die Leute aber heute deutlich offener“, erzählt Katrin Karl, die schon seit vielen Jahren vegan lebt. Das Essen werde sehr positiv angenommen, und selbst Nicht-Veganer probieren gerne die Gerichte dort. „Mit den Produkten heutzutage gibt es auch geschmacklich fast keinen Unterschied mehr. Kaum einer kann einen veganen Burger von einem Fleischburger unterscheiden“, fügt Sascha Pillmann-Behr hinzu. „Wir hatten auch mal ein paar Vermieter, die erst skeptisch waren. Die haben wir dann zu uns eingeladen, und die haben sich sogar noch eine Portion mit nach Hause genommen.“ Ansonsten sei der vegane Schwerpunkt sogar ein großer Vorteil für die Immobiliensuche. „Die Investoren sind sehr interessiert daran. Viele bemühen sich um eine Leeds-Zertifizierung. Sowas passt einfach nicht zusammen mit einem Steak-Restaurant – das passt zum Katzentempel!“ Auch die technischen Werte, wie die geringen Abgase, seien attraktiv für Vermieter.

„Branche nimmt uns wahr“

Pillmann-Behr merkt auch, dass es immer einfacher wird, mit den großen Projektentwicklern an einen Tisch zu kommen. Früher waren manche erst verdutzt vom Konzept, nun bessert sich das. „Die Branche nimmt uns langsam wahr“, sagt er. Das Unternehmen denkt in die Zukunft. Jede Stadt über 100.000 Einwohnern ist ein potenzieller Standort für den Katzentempel. Zwölf Reservierungen sind schon unterschrieben, acht weitere sind kurz davor. In zwei deutschen Städten sind bereits die zweiten Filialen in Planung. Es scheint also nur eine Frage der Zeit, bis niemand mehr eine weite Reise auf sich nehmen muss, um das beruhigende Schnurren einer Katze zu genießen.


Vincent Müller