Konsumieren ohne Anfassen

Bike-In
Bike-In bei McDonald's am Flora Park in Magdeburg © imago images / Christian Schroedter

Herausforderung

Leonore Maria Lubenow

Händler wären keine Händler, wenn sie sich von einer Pandemie einschüchtern lassen würden. Seit Jahrhunderten treiben sie Entwicklungen voran, verbinden Menschen und Kulturen und setzen neue Maßstäbe. Sie gelten als clever, wagemutig und bald auch wieder reisefreudig. Kreativ sind sie jetzt schon …

Handel ist ein internationales Geschäft. Das war schon immer so. Die Wagemutigen, die Cleveren, die Reisefreudigen tummelten sich über Jahrhunderte hinweg überall auf der Welt, um die besten Gewürze, die edelsten Stoffen, die neuesten Erfindungen mit in die Heimat zu bringen. Heutzutage sorgen Handelsverträge, ausgeklügelte Lieferketten und schnelle Internetverbindungen dafür, dass Waren von A nach B gelangen. Herumzureisen wäre eigentlich gar nicht mehr nötig – dachten wir. Doch Corona hat die Welt eines Besseren belehrt: Natürlich kann man Geschäfte auch via Skype abschließen. Das ersetzt aber nicht das Zusammenkommen, das gemeinsame Geschäftsessen, das Eintauchen in fremde Kulturen und deren Sichtweisen – und schlicht das Vergnügen, Gleichgesinnte zu treffen.

Schon jetzt ist klar, dass die Welt sich verändert hat. Und vermutlich wird sie auch nie wieder so sein wie vor Corona. Doch Händler wären keine Händler, wenn sie sich darauf nicht einstellen – und in die Zukunft planen könnten. In Dubai fällt der Blick in die Zukunft erwartungsgemäß überdimensioniert aus. Im vergangenen Monat gab die Investment Corporation of Dubai (ICD) in  Zusammenarbeit mit Dubai South die Gründung von »Dubai Global Connect« (DCG) bekannt. Geplant ist ein B2B-Großhandelsmarkt, auf dessen einer Million Quadratmeter sich künftig Käufer und Verkäufer aus der ganzen Welt treffen sollen, um miteinander Geschäfte abzuwickeln. In Zeiten, in denen man nicht mehr so einfach rund um die Welt fliegen kann, soll man sich in der Mitte treffen. Und die liegt aus Sicht des Wüstenstaats nun mal in Dubai. Schwerpunktmäßig geht es um Möbel, Wohnen, Essen und Mode – allesamt Bereiche, die von den Verantwortlichen als für die Region wichtig eingestuft wurden.

Globale Plattform, sicheres Kaufumfeld

Da lassen sich auch die Amerikaner nicht bitten: Das Market Center Management Company (MCMC) wird bei der Entwicklung und Verwaltung der hochmodernen dauerhaften Showroom-Umgebung von DGC unterstützt. Die Showrooms sind für die Öffentlichkeit geschlossen und stehen ganzjährig professionellen Einzelhandelskäufern, Designern, Herstellern und Fachleuten aus der Industrie zur Verfügung – und kann von den jeweiligen Anbietern ganz nach eigenem Stil und Budget ausgestattet werden.

DCG ist schon seit langer Zeit in Planung, aber im aktuellen globalen Handelsumfeld notwendiger geworden, ist deren Vorsitzender überzeugt. »Der Aufbau eines kontrollierten, dauerhaften Markt­umfelds kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, da Event-Veranstalter und ihre Teilnehmer aktuell mit reduzierten Reisebudgets und der Notwendigkeit, Versammlungen kleiner und mit strengeren Maßnahmen durchzuführen, fertig werden müssen. Mit DGC können sich die Händler auf halbem Weg treffen, indem sie den Lieferanten und Herstellern an einem zentralen, leicht erreichbaren Ort eine globale Plattform zur Verfügung stellen und den Käufern ein sicheres Kauf­umfeld und einen Bezugspunkt bieten, der das ganze Jahr über geöffnet ist«, so Douraid Zaghouani, Vorsitzender von DCG.

Tagtäglich zur Verfügung stehen auch andere Marktplätze von »Königen« und stellen sich auf die Zeit nach Corona und möglicherweise künftige Pandemien ein. So plant die  Schnellkostkette »Burger King«, seinen Filialen künftig nicht nur einen neuen Zuschnitt, sondern auch ein Innenleben zu verpassen, das die Ansteckungsgefahr extrem mindert: kein direkter Kundenkontakt, keine Viren.

»Hängende Küchen« bei Burger King

Weg vom eingeschossigen, hin zum zweigeschossigen Gebäude, in dem bis zu 60 Prozent weniger Platz als in traditionellen Geschäftsstellen vorhanden sein soll. Wer will, kann dafür aber im Innenhof mit Sitzplätzen im Freien essen. Dafür wächst der kontaktfreie Bereich wie »Drive-In«. Die Gäste können ihre Autos im Drive-In-Bereich unter solarbetriebenen Vordächern parken, ihre Bestellungen über die »BK«-App durch Scannen eines QR-Codes auf ihrem Parkplatz aufgeben und sich Lebensmittel schnell zu ihren Autos liefern lassen. Für Vorbestellungen, die über die mobile App aufgegeben werden, gibt es spezielle Parkplätze für die Lieferung am Straßenrand. Gäste können das Teammitglied des Restaurants bei der Ankunft über die App entsprechend den Anweisungen auf den Parkschildern benachrichtigen. Mobil- und Lieferbestellungen können auch an codierten Lebensmittelschließfächern abgeholt werden, die zur Außenseite des Restaurants hin ausgerichtet sind. Ein doppelter oder dreifacher Drive-Thru bietet digitale Menütafeln und Merchandising. Die mehrspurige Bestellung und Abholung beschleunigt den Vorgang, während eine Wohnwand den Blick des Gastes in das Kücheninnere mit dem ikonischen Burger-King-Hähnchen einrahmt, so heißt es von den Tüftlern, die sich das ausgedacht haben. Ein externes begehbares Fenster an der Glasfassade wird ebenfalls eine alternative Bestellmöglichkeit zum Mitnehmen sein. Und dann ist auch noch von »hängenden Küchen und Esszimmern« die Rede. Die Drive-Thru-Gäste erhalten ihre Bestellung von der »hängenden Küche« über ein Förderbandsystem geliefert, und jede Fahrspur hat ihren eigenen Abholpunkt. Weniger Kontakt geht kaum noch. Wie das Ganze in Deutschland aussehen wird, ist noch nicht sicher. Vom kommenden Jahr an will man diese neuen Konzepte zunächst am Heimatstandort des Unternehmens Miami sowie in Südamerika und in der Karibik umsetzen.

Per Fahrrad zur Fritte

Konkurrent McDonald’s lässt sich ebenfalls etwas Neues einfallen. In drei Restaurants in München, Berlin und Köln lief bis Ende Oktober der erste McDrive für Fahrradfahrer. Der McDonald’s Bike-In bot die schnelle Option, Fastfood kontaktlos über eine App zu bestellen und zu bezahlen, ohne dafür das eigene Fahrrad verlassen zu müssen. Damit wollte man nach Unternehmensauskunft auf den Fahrrad-Boom in Deutschland reagieren, der mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie immer weiter um sich greift. In den Wochen des Lockdowns hätten sich viele Fahrradfahrer mit dem Wunsch an das Unternehmen gewandt, durch den McDrive radeln zu dürfen, so das Unternehmen. Der deutsche Amtsschimmel lässt das aber nicht zu. Deshalb bekamen die Radler jetzt probeweise eine separate Lösung: Auf den Parkplätzen der teilnehmenden Restaurants wurde ein spezieller Pickup-Punkt für Radler eingerichtet, der bei der kontaktlosen Bestellung über die McDonald’s App ausgewählt werden konnte. Bezahlt wurde per Kreditkarte. Die Bestellung brachten die Mitarbeiter dem Gast direkt zum Rad. »Unser Bike-In ist nicht nur eine Antwort auf den Fahrrad-Boom. In Corona-Zeiten kommt das neue Angebot auch dem Wunsch vieler Menschen entgegen, Kontakte und Aufenthalte in geschlossenen Räumen weitgehend einzuschränken«, sagt Eva Rössler, Unternehmenssprecherin der McDonald's Deutschland LLC. Und noch ein weiteres Argument spricht aus Sicht des Unternehmens für Bike-In: »McDonald’s hat sich beim Klimaschutz ambitionierte Ziele gesetzt. Bis 2030 wollen wir die CO2-Emissionen unserer Restaurants und Verwaltungen weltweit um 36 Prozent im Vergleich zu 2015 reduzieren und die CO2-Emissionen pro Tonne Produkt um 31 Prozent.«

Ein Beitrag von
Leonore Maria Lubenow,
freie Journalistin