Mehr Anreize, bessere Ergebnisse

Klimaschutz
Die Kombination aus zahlreichen Maßnahmen führt zu effektivem Klimaschutz und Einsparungen © sdecoret – stock.adobe.com

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Redaktion

Vermieter von Einzelhandelsimmobilien investieren viel zu wenig in Energiesparmaßnahmen, weil sie keinen unmittelbaren Nutzen für sich sehen. Abhilfe schaffen könnten angepasste Förderprogramme mit höheren Fördersätzen oder Steuervorteile sowie eine Aufteilung des CO2-Preises zwischen Mietern und Vermietern.

Im Rahmen einer Befragung hat adelphi, das Berliner Forschungs- und Beratungsinstitut für die Bereiche Klima, Umwelt und Entwicklung, das so genannte Vermieter-Mieter-Dilemma in vom Einzelhandel genutzten Gebäudebereich untersucht. Das Ergebnis: Noch immer investieren Vermieter von Einzelhandelsimmobilien nur zaghaft in Energieeinsparmaßnahmen. Der Grund: Sie profitieren nicht unmittelbar von den dadurch sinkenden Energiekosten.

Aufteilung des CO2-Preises

Durch dieses Mieter-Vermieter-Dilemma bleiben bislang erhebliche Energiesparpotenziale im Einzelhandel ungenutzt. adelphi, seit 2017 Projektpartner der Klimaschutzoffensive des Handels, zeigt in der Studie, dass diese Situation mit den richtigen Instrumenten durchaus zu verbessern ist.

Ein wichtiges Ergebnis der Studie: Vermieter würden mehr Energieeffizienzprojekte initiieren, wenn passende finanzielle Anreize winken würden. Dazu zählen etwa angepasste Förderprogramme mit höheren Fördersätzen oder Steuervorteile. Einfachere und schnellere Antragsverfahren würden die Inanspruchnahme von Förderprogrammen zudem erleichtern. Ebenfalls interessant für den Abbau finanzieller Hürden ist laut Be­fragung das Energiespar-Contracting. »Grundsätzlich sollten die Instrumente in erster Linie Vermietende adressieren und für Mietparteien möglichst unkompliziert zu realisieren sein«, sagt Jasmin Paulus, Managerin bei adelphi und eine von fünf Autorinnen und Autoren der Studie. »Wir haben festgestellt, dass nur wenige der untersuchten Konzepte von allen befragten Beteiligten befürwortet werden. Es wurde deutlich, dass das Interesse an gebäudebezogenen Energieeffizienzmaßnahmen bei Vermietenden größer ist als auf Seiten der mietenden Händlerinnen und Händler.«

Nadine Nitsche, Consultant bei adelphi und Co-Autorin der Studie: »Die Immobilienbranche spricht sich zwar gegen verbindliche Mindeststandards für Bestandsgebäude aus. Doch die Mehrheit der befragten Expertinnen und Experten geht davon aus, dass neben Konzepten auf freiwilliger Basis auch ordnungsrechtliche Vorgaben erforderlich sein werden, um die Klimaschutzziele im Gebäudebereich zu erreichen.« Aus der Befragung leitet das Autorenteam die Empfehlung ab, Mindeststandards für Bestandsgebäude in Verbindung mit einem Bonus-Malus-System zu implementieren, damit Eigentümer nicht nur Investitionen zur Erreichung des Mindeststandards tätigen.

Auch eine Aufteilung des CO2-Preises zwischen Mietern und Vermietern identifizieren sie als wichtiges rechtliches Mittel. Demnach würde bei den energetisch unwirtschaftlichen Gebäuden die vermietende Partei für den Hauptteil des CO2-Preises aufkommen. Je effizienter das Gebäude ist, desto höher fiele der Anteil der mietenden Partei am CO2-Preis aus.

Eine solche Regelung wird für Wohngebäude aktuell durch die Bundesregierung auf den Weg gebracht. Für Gewerbeimmobilien scheitert sie bislang daran, dass aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsprofile noch keine einheitliche Systematik für Effizienzklassen vorliegt. Dies sollte in den kommenden Jahren dringend nachgeholt werden.

Grüne Mietverträge für mehr Transparenz

Auch eine stärkere Kooperation zwischen Mietern und Vermietern empfiehlt das Autorenteam. »Bei grünen Mietverträgen könnten beide Parteien transparent an der Reduzierung des Energieverbrauchs einer Immobilie und ihrer nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung mitwirken«, sagt Paulus. Grüne Mietverträge oder Green Leases sind Bestandverträge, die durch ihre besondere Ausgestaltung Mieter zu einer möglichst nachhaltigen Nutzung und Vermieter zu einer möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung eines Objektes veranlassen sollen. Da dieses Modell in der Praxis noch wenig etabliert ist, empfehlen die Autorinnen und Autoren der Studie, entsprechende Best Practices zu kommunizieren, um den Mehrwert für alle Parteien klar herauszustellen.

Die Studie »Energieeffizienzmaßnahmen für Mieter/-innen im Einzelhandel« besteht zunächst aus einer Metaanalyse, mit der die Autorengemeinschaft eine Vielzahl an Instrumenten identifiziert haben, die dem Mieter-Vermieter-Dilemma entgegenwirken können. Diese Instrumente lassen sich den Bereichen rechtliche Rahmenbedingungen, Förderinstrumente, Finanzierungsinstrumente und Kooperationsmodelle zuordnen. Darauf aufbauend wurde die Praxistauglichkeit der Instrumente im Rahmen von 14 Experteninterviews und einer Primärerhebung bestehend aus insgesamt 103 Interviews mit mietenden KMU-Händlern und Vermietern untersucht. Die Primärerhebung besteht aus einer quantitativen telefonischen Befragung, einer Online-Befragung über die Webseite der Klimaschutzoffensive des Handels und vier qualitativen Interviews mit mit Akteurinnen und Akteuren, bei denen bereits eine Kooperation im Bereich Energieeffizienz besteht. In einem Pilotprojekt werden die vielversprechendsten Instrumente in Kürze weiter untersucht.