Mixed-Use-Konzepte in maroden Warenhäusern beleben Cities

Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter bei Aengevelt Immobilien. © Aengevelt

Handel und Immobilien

Was soll mit maroden Warenhäusern geschehen? Die Umnutzung dieser Immobilien in lebendige Treffpunkte sei für die Belebung von Einkauflagen ein guter Schritt nach vorn, meint Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter bei Aengevelt Immobilien. Er hat Ideen, wie sich die Verödung von Stadtteilen vermeiden lässt.

„Die Entwicklung der Innenstadt als Standort für Arbeiten, Handel, Kultur und Wohnen stellt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Dabei haben sich über Jahrzehnte Schwerpunkt-Cluster gebildet mit der Folge, dass manche City-Bereiche - beispielsweise mit vorrangiger Büronutzung - nach Feierabend veröden. Das Gleiche gilt für reine Einkaufsstraßen nach Ladenschluss, da es in diesen Bereichen häufig nur vereinzelt Wohnungen gibt und auch Gastronomie sowie kulturelle Angebote in der Regel unterrepräsentiert sind. In diesem Kontext stellt insbesondere das seit Jahrzehnten nahezu unveränderte Konzept des Warenhauses einen der innerstädtischen Schwachpunkte dar. Gleichwohl bieten gerade diese Immobilien signifikante Chancen für eine Revitalisierung der Innenstadt“, erläutert er.

Bruttoumsatz hat sich fast halbiert

Aengevelt beobachtet und analysiert bereits seit den 90er Jahren sich verändernde Standort- und Konkurrenzsituationen für den Handel mit kontinuierlichen Umsatzrückgängen insbesondere auch der Warenhäuser. Laut einer PwC-Studie hat sich der Bruttoumsatz der deutschen Warenhäuser allein in den Jahren 2003 bis 2018 – also bereits vor der Pandemie – von über zehn Milliarden Euro pro Jahr auf rund 5,5 Milliarden Euro nahezu halbiert, während die Umsätze des gesamten deutschen Einzelhandels unter anderem zugunsten des Online-Handels kontinuierlich gestiegen sind. Durch die Covid-19-Pandemie wurde diese Entwicklung noch einmal deutlich beschleunigt, mit der Folge zahlreicher Geschäftsaufgaben. Alleine Karstadt-Kaufhof schloss bereits 2020 etwa 40 Filialen, 4000 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz.

Gefährdung der Einkaufsstraßen

„Solche Schließungen gefährden Einkaufsstraßen und Stadtteilzentren, insbesondere in Klein- und Mittelstädte, denn der Wegfall eines großen Ankermieters in der Innenstadt führt häufig zur Senkung der Kundenfrequenz, der Gesamt-Attraktivität, Verlagerung der Kaufkraft und damit auch zu Bedeutungsschwund und Image-Verlust. Deshalb ist die präventive sinnvolle Flächenumnutzung von Warenhäusern dringlicher denn je“, sagt der Immobilien-Experte. Ein wichtiger Vorteil der Warenhäuser sei dabei ihr Standort. Denn in der Regel befinden sie sich in besten Citylagen und Fußgängerzonen.

Durchmischung belebt den Standort

Nachteile seien zu hohe Mietansätze. „Klassische Warenhäuser wie im Falle von Galeria sind als Folge von zunächst Liquidität schaffenden Sale-and-lease-back-Transaktionen in der Regel Mieter, und das häufig mit zu hohen, nicht mehr realistisch zu erwirtschaftenden Quadratmeter-Mieten von 12, 13 Euro und mehr. Hier müssen die Mietansätze marktadäquat angepasst werden. Das gilt umso mehr, wenn Mieter und Vermieter zum gleichen Unternehmensgruppe gehören und Subventionen vorrangig bislang zur Bedienung überteuerter Mieten anstatt in die zukunftsfähige Objektertüchtigung fließen. Das klassische Warenhauskonzept als Einzelhandels-Vollsortimenter ist nicht mehr zeitgemäß. Ein Ansatz für ihre Nachnutzung sind deshalb zum Beispiel Mixed-Use-Konzepte, die im Erdgeschoss der Warenhäuser weiterhin Einzelhandelsnutzungen, in den Obergeschossen indessen handelsfremde Nutzungen durch publikumsorientierte Dienstleistungen, beispielsweise Büros, Praxen, Fitnessstudios, Gastronomie und Hotel, medizinische und gesundheitsorientierte, kulturelle Einrichtungen und auch einen markanten Anteil Wohnen vorsehen. Durch eine branchenübergreifende  Durchmischung wird der Standort durchgängig belebter, krisensicherer, und das Risiko der Verödung wird deutlich verringert.“

Reusable-Spaces sind von Vorteil

Wichtig sei dabei, dass Mixed-Use-Konzepte insbesondere im gewerblichen Bereich eine höhere Arbeitsplatzintensität und Flexibilität besitzen, damit sie auch über einen längeren Zeitraum funktionieren und immer wieder erforderliche Anpassungen an Marktveränderungen und -zyklen ermöglichen. Als Basis dafür benennt Dr. Wulff Aengevelt so genannte Reusable-Spaces, also Flächen, die nicht auf eine bestimmte Nutzungsart - Handel, Büro, Gastronomie, Praxen, Fitness etc. - beschränkt sind, sondern mit moderatem Aufwand jederzeit kurzfristig und flexibel um- und nachgenutzt werden können.

Spannend für Besucher: Was gibt’s Neues?

„Dadurch sind auch rentable Kurzzeitverträge möglich, und der traditionell negativ beurteilte häufigere Mieterwechsel führt hier zu einer durchaus gewollten Abwechslung – zum Beispiel durch Pop-up-Stores anstelle von langfristigem Leerstand, gemäß dem Interesse weckenden Motto: Was gibt es Neues?“ Insgesamt böten Multiple-Mixed-Use-Konzepte eine deutlich flexiblere Ausgangssituation, in der Warenhäuser zu jedem Zeitpunkt individuell und kurzfristig – auch in Teilen - umgestaltet werden könnten, ohne dabei direkt die gesamte Immobilie mit hohem Kostenaufwand umbauen und renovieren zu müssen. „Mit dem richtigen, individuell auf den jeweiligen Mikrostandort abgestimmten Nutzungskonzept können diese Immobilien signifikant zur (Wieder-)Belebung der entsprechenden Innenstadtbereiche beitragen und damit für mehr Aufenthalts- und Lebensqualität sorgen. Sie bilden einen wichtigen Faktor für deren wirtschaftliche Entwicklung und werden so auch wieder für Kapitalanleger als nachhaltige Investments interessant – eine klassische Win-Win-Situation für die gesamte Gesellschaft“, resümiert Dr. Wulff Aengevelt.