Neues vom Investmentmarkt

Transaktionsmarkt mit Sondereffekten bewerten. © Somchai – stock.adobe.com

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Susanne Müller

Auf den ersten Blick steht der Einzelhandels-Investmentmarkt im ersten Quartal 2023 blendend da. Denn angesichts eines Transaktions­volumens von knapp 1,7 Milliarden Euro fällt das Minus mit neun Prozent vergleichsweise moderat aus. Doch diese Annahme trügt, meint Sandra Ludwig, Head of Retail Capital Markets EMEA bei JLL und Keynote-Speakerin beim Handelsimmobilienkongress in Berlin. Ohne Sondereffekt ergibt sich nämlich ein verändertes Bild.

Da gab es die Transaktion der KaDeWe Group, die 49 Prozent des Immobilienbestandes für rund 700 Millionen Euro an den Mitgesellschafter des operativen Geschäftes, Central Group, veräußert hat – also ein Verkauf innerhalb der bereits im operativen Geschäft verbundenen Gesellschaftern. Aus dem Transaktionsvolumen heraus gerechnet, bleibt im Investmentmarkt nach dem ersten Jahresquartal nur noch eine Milliarde Euro stehen. „Und das ist alles andere als ein starkes Ergebnis“, bilanziert Sandra Ludwig.

Top-Objekte weiter stark nachgefragt

JLL hat festgestellt, dass sich - ähnlich wie in den anderen Assetklassen - ein deutlicher Rückgang bei der Anzahl der Transaktionen von 65 auf 42 Deals zeigt. Dazu zählen die Anteilserwerbe der Deutsche EuroShop, die für rund 304 Millionen Euro ihre Beteiligungsquoten an sechs Shopping Centern, fünf davon in Deutschland, erhöht hat. Der Markt für Einzelhandelsimmobilien profitiert vor dem Hintergrund der generellen Marktlage davon, dass Diskussionen über das richtige Preisniveau und mögliche Renditen bereits mit Beginn der Pandemie vor drei Jahren eingesetzt haben. Daher ist es im Retail-Segment durch die in 2022 begonnenen signifikanten Zinsanstiege nicht zu drastischen Preiskorrekturen gekommen. Das jüngst von ECE und Generali übernommene Shopping Center PEP in München-Neuperlach zum Beispiel ging im vierten Quartal 2022 für eine Spitzenrendite von niedrigen fünf Prozent über den Tisch – ein Signal, dass auch diese Assetklasse wieder gefragt ist. „Top-Objekte stehen weiterhin stark im Fokus des Interesses“, so Sandra Ludwig. „Für sie finden sich auch im aktuellen Marktumfeld noch eine Reihe von Interessenten.“

Goldgrube Lebensmittel-Anker

Bei den Nutzungsarten liegen laut JLL Warenhäuser mit 49 Prozent (Sondereffekt durch KaDeWe) vor Fachmarktprodukten mit Fachmärkten, Fachmarktzentren und Supermärkten, die zusammen auf 22 Prozent kommen und damit knapp vor Shopping Centern mit 21 Prozent Marktanteil liegen. Geschäftshäuser komplettieren mit neun Prozent das Feld. „Lebensmittelgeankerte Objekte stehen nach wie vor hoch im Kurs, haben sie sich doch als krisenresilient erwiesen“, unterstreicht die Expertin.

Investors Darling: Core und Core-plus

Ausländische Investoren und darunter vor allem französische Marktteilnehmer seien vor allem an deutschen Core- und Core-plus-Produkten interessiert. Entsprechend fallen die Renditenanstiege moderat aus: Fachmarktzentren legen 25 Basispunkte auf 4,15 Prozent zu, bei einzelnen Fachmärkten sind es 20 Basispunkte auf 5,10 Prozent. Shopping Center bleiben derweil konstant bei fünf Prozent Spitzenrendite. Im Highstreet-Bereich beträgt der Zuwachs maximal 30 Basispunkte und entfällt auf den Spitzenreiter München, wo mit drei Prozent nach wie vor die niedrigste Spitzenrendite gilt. Dahinter folgen Berlin (3,10 Prozent), Hamburg (3,30 Prozent), Frankfurt (3,40 Prozent) und Düsseldorf (3,50 Prozent). Stuttgart und Köln komplettieren das Feld mit jeweils 3,70 Prozent.

Run auf kleine Objekte

„Steigen die Zinsen, passen sich insbesondere sehr niedrig verzinste Assetklassen an“, erläutert Sandra Ludwig. „Andere Assetklassen wie Büro und Logistik reagieren in dieser Hinsicht zurzeit deutlich stärker als der Einzelhandel. Denn dessen Korrektur ist bereits in den Corona-Jahren 2020 und 2021 erfolgt. Die Liquidität im Markt ist aktuell begrenzt. Dies zeigt sich auch besonders darin, dass kleinere und mittelvolumige Objekte am Markt sehr liquide sind und private Investoren sowie Einzelhandelsspezialisten in diesem Segment sehr aktiv sind. Transaktionen über 100 Millionen Euro sind rar geworden.“

Susanne Müller