Ohne Wärmewende keine Energiewende

dena-Gebäudereport
Ergebnisse des aktuellen Gebäudereports der Deutsche Energie-Agentur (dena) © Benita Welter – pixabay.com

Handel und Immobilien
Vision

Meike Nordmeyer

Im vergangenen Jahr ist der Marktanteil beim Absatz von fossilen Verbrennungsheizungen erstmals unter die Marke von 80 Prozent gesunken. Gleichzeitig wurden mehr Wärmepumpen und Biomasse­anlagen gekauft. Ernüchternd ist hingegen die Tatsache, dass der Endenergieverbrauch in Deutschland insgesamt seit 1990 nur leicht gesunken ist – so die Ergebnisse des aktuellen Gebäudereports der Deutsche Energie-Agentur (dena)


Es ist seit Langem bekannt: Der Gebäudesektor bietet enormes Potenzial zur Einsparung von Energie und zur Steigerung der effizienten Nutzung von Energie. Allein hierzulande gibt es rund 21 Millionen Gebäude, die gut 35 Prozent zum gesamten deutschen Energieverbrauch beitragen. Nach dem Verkehrssektor sind Immobilien der Bereich mit dem größten Handlungsbedarf, um Energieeinsparungen zu bewirken und die Klimaschutzziele zu erreichen, die sich die neue Bundesregierung gesetzt hat, lautet die Quintessenz der Autoren des aktuellen »dena-Gebäudereports 2022. Zahlen, Daten, Fakten«. Dass es eng werden könnte, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Das Umweltministerium der abgelösten großen Koalition erklärte schon im Spätsommer vergangenen Jahres, dass Deutschland seine Klimaziele deutlich verfehlen werde – sofern nicht weitere Maßnahmen ergriffen würden. Laut Ministerium würden ohne entsprechende zusätzliche Aktivitäten die CO2-Emissionen bis 2030 nur um 49 statt um 65 Prozent zurückgehen. Selbst die Klimaneutralität bis 2045 stehe auf der Kippe.

Das könnte sich ändern, wenn man sich stärker als bisher auf die Sanierung vor allem älterer Bestandsimmobilien konzentrieren würde, ist man bei der dena sicher.Denn insbesondere bei älteren Häusern sind die Effizienzpotenziale groß. Der  Sanierungsbedarf ist enorm: Etwa 63 Prozent der Wohngebäude in Deutschland wurden vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichtet. Sie verbrauchen bis zu fünfmal mehr Energie als nach 2001 errichtete Neubauten, so die dena.  »Klar ist: Die Sanierungsrate muss ganz erheblich steigen, erneuerbare Energien und klimaneutrale Energieträger müssen deutlich stärker in den Markt und in die Gebäude und es braucht zusätzliche Innovationen«, sagen die Experten der dena im Vorwort des aktuellen Gebäudereports.

Zentrale Anlaufstelle zum klimaneutralen Bauen und Sanieren

Der dena-Gebäudereport erscheint seit 2012 jährlich und gibt einen umfassenden Überblick zum Gebäudebestand und zum energetischen Zustand der Gebäude in Deutschland. Den aktuellen Gebäudereport von 2022 hat die dena im Rahmen des neuen »Gebäudeforums klimaneutral« veröffentlicht. Das Gebäudeforum klimaneutral der dena ist eine neue zentrale Anlaufstelle zum klimaneutralen Bauen und Sanieren. Das Gebäudeforum stellt qualitätsgesicherte Informationen bereit, sorgt für Wissensaufbau im Themenfeld Innovationen und macht die Energiewende im Gebäudesektor anhand von guten Beispielen sichtbar. Unterstützt wird das Expertenteam der dena im Gebäudeforum von einem kontinuierlich wachsenden Fachpartnernetzwerk aus Branchenverbänden und Vertretern aus allen Regionen Deutschlands. Man will Impulse setzen und sich fachlich eng austauschen. Experten aus Architektur, Energieberatung und technischer Gebäudeausrüstung, aber auch technisch Zuständige aus der Immobilienwirtschaft, Haus- und Liegenschaftsverwaltungen sowie Gewerbe und Stadtwerken sollen Antworten auf ihre Fragen finden, heißt es bei der dena (www.gebäudeforum.de).

Die meisten Nichtwohngebäude stehen in NRW

Im Kapitel »Basisdaten« des Reports finden sich Informationen zu Alter, Nutzflächen und Energieverbräuchen des Gebäudebestands, zu Absatzzahlen von Wärmeerzeugern, zu Heizungssystemen und Energieträgern. Gezeigt werden unter anderem die Entwicklungen bei den fossilen Energieträgern aber auch bei eingebauten Wärmepumpen. Drei Fokusthemen schließen sich zudem an: Das sind die Kapitel »Graue Emissionen im Bauwesen«, »Förderung« und »Steuern, Abgaben und Umlagen auf Energieträger im Gebäudesektor«. Autoren des Reports sind Simon Becker, Jonas Hagen und Rico Krüger, alle drei sind in der dena im Bereich Energieeffiziente Gebäude für Energieanalysen und Monitoring des Gebäudebestands zuständig.

Die Autoren betrachten in ihrem Report zunächst die Lage bei den Wohngebäuden, die die größte Gruppe an Gebäuden bilden. Ende 2020 gab es in Deutschland rund 19 Millionen Wohngebäude. Davon entfallen 12,9 Millionen Gebäude auf Einfamilienhäuser, 3,2 Millionen auf Zweifamilienhäuser und 3,3 Millionen auf Mehrfamilienhäuser. Fertiggestellt wurden 2019 etwa 113.000 Wohngebäude, von denen rund 15.000 als Mehrfamilienhäuser gebaut wurden.

Auch zu den Nichtwohngebäuden, zu denen die Immobilien des Handels und somit auch die Shopping Center zählen, finden sich nähere Angaben im dena-Gebäudereport 2022. Wenngleich in diesem Bereich die Datenlage weniger gesichert ist. Im Gegensatz zu den Wohngebäuden gibt es für die Anzahl an Nichtwohngebäuden (NWG) keinen amtlichen Wert, so die Autoren des dena-Gebäudereports. Das Forschungskonsortium um das Projekt ENOB:dataNWG hat eine Hochrechnung von 1,98 Millionen beheizten Nichtwohngebäuden aufgestellt, die in den Geltungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) fallen. Aufgeschlüsselt wird diese auch nach Bundesländern, sodass der dena-Report dazu entsprechend eine Deutschlandkarte im Überblick erstellt hat (Abb. 11). Die meisten Nichtwohngebäude gibt es demnach in NRW mit der Zahl von rund 459.000, gefolgt von Bayern mit 328.000 und Baden-Württemberg mit 258.000. Das ist nicht überraschend, sind es doch die drei in dieser Reihenfolge bevölkerungsreichsten Bundesländer.

Auch einen Überblick über den beheizten Nichtwohngebäudebestand in Deutschland nach Bau-Alter liefert der Gebäudereport. (Abb. 13). Fast 1,15 Millionen und damit 60 Prozent der Nichtwohngebäude wurden noch vor 1978 und damit vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet. Knapp 86 Prozent der Nichtwohngebäude wurden vor Inkrafttreten der ersten Energieeinsparverordnung (EnEV) 2002 fertiggestellt.

Erstmals Rückgang von fossilen Verbrennungsheizungen

Ein eigenes Kapitel im Report bildet das Thema Wärmeerzeuger. Eine Abbildung verdeutlicht die Entwicklung der Absatzzahlen von Wärmeerzeugern seit 2005 (Abb. 22) und damit womöglich erste Anzeichen dafür, dass die Wärmewende allmählich in Gang kommt. Der Absatzmarkt von fossilen Verbrennungsheizungen, also Öl- und Gaskesseln, lag bis 2020 immer wieder zwischen 80 und 90 Prozent. Im Jahr 2020 zeigte sich dann erstmals ein Rückgang des Marktanteils auf knapp unter 80 Prozent. Entsprechend ist der Absatz von Wärmepumpen und Biomasseanlagen auf mehr als 20 Prozent gestiegen. Insgesamt ist der Markt der Wärmeerzeuger nach einem Einbruch von 2007 sehr stabil und wächst kontinuierlich. (Durch die Mehrwertsteuererhöhung 2007 kam es zu Vorzieheffekten im Jahr 2006.) Der größte Anstieg der vergangenen Jahre war im Jahr der Corona-Krise 2020 zu verzeichnen. Während der Markt für Ölheizungen kleiner wird, wächst der Markt für Gas-Brennwertkessel als fossile Verbrennungsheizung weiterhin. 2020 ging der Marktanteil jedoch auch bei Gas-Brennwertkesseln leicht zurück.

Versorgung mit Wärmepumpe legt zu

Werden die fertiggestellten Nichtwohngebäude betrachtet, so zeigt sich, dass die Heizwärmeversorgung aus fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas stetig zurückgehen und 2019 erstmals unter 50 Prozent lagen. Besonders die Technologie der Wärmepumpe trägt erheblich dazu bei, die Versorgung mit erneuerbarer Wärmeenergie auszubauen. Bei erneuerbaren Energien wie Biomasse, Wärmepumpe und Solarenergie konnte 2019 erstmals ein Versorgungsanteil von mehr als 30 Prozent verzeichnet werden.

Als sehr aufschlussreich erweist sich auch das Kapitel zum Thema Energieverbrauch. Insgesamt ist der Endenergieverbrauch in Deutschland seit 1990 nur leicht gesunken. Zwar lässt sich ein etwas höherer Verbrauch zwischen 1990 und 2006 im Vergleich zu den nachfolgenden Jahren ablesen, eine signifikante Senkung des Energieverbrauchs oder ein Trend zu einem geringeren Endenergieverbrauch zeichnet sich jedoch nicht ab. Insgesamt hat sich der jährliche Endenergieverbrauch bei etwa 2.500 Terawattstunden (TWh) eingependelt.

Eine weitere Abbildung (Abb. 32) zeigt zudem den Anteil der Sektoren am Endenergieverbrauch (EEV) 2019 – der Wert, der in Immobilienanzeigen angegeben werden muss und darüber Auskunft gibt, wie viel Energie in den vergangenen drei Jahren pro Quadratmeter durchschnittlich benötigt wurde, um das Gebäude zu beheizen. 2019 betrug der Endenergieverbrauch in Deutschland insgesamt rund 2.493 TWh. Der größte Endenergieverbraucher ist dabei der Verkehrssektor mit einem Anteil von 30 Prozent. Als zweitgrößter Verbraucher erweist sich die Industrie mit 28 Prozent, gefolgt von den privaten Haushalten mit 27 Prozent. Den kleinsten Anteil mit 16 Prozent macht der Bereich Gewerbe/Handel/Dienstleistungen (GHD) aus.

Mit LED spart man Energie

Der Verbrauch an Endenergie in Gebäuden hat sich in den vergangenen fünf Jahren auf einem konstanten Niveau eingependelt. 2019 lag er bei 855 TWh. Der Endenergieverbrauch für Klimakälte ist seit 2008 konstant gestiegen (von 7,8 auf 10,4 TWh). Bemerkenswert dabei ist: Der Endenergieverbrauch für Beleuchtung ist seit 2012 konstant gesunken. An diesem Punkt macht sich die Umstellung der Beleuchtung von Glühlampen auf deutlich effizientere LED bemerkbar.

Interessant ist auch eine weitere Abbildung (Abb. 37) zum Endenergieverbrauch für Wärmeanwendungen in Industrie und GHD 2019 (nicht klimabereinigt). Demnach betrug der Endenergieverbrauch für Wärmeanwendungen (Raumwärme, Prozesswärme und Warmwasser) im Jahr 2019 rund 730 TWh, wovon 71 Prozent auf die Industrie und 29 Prozent auf den GHD-Sektor entfielen. Innerhalb des Industriesektors spielt Raumwärme eine kleinere Rolle, der Anteil zur Bereitstellung von Warmwasser ist zudem zu vernachlässigen. Rund 65 Prozent des Endenergieverbrauchs für Wärmeanwendungen in Nichtwohngebäuden (472 TWh) entfielen 2019 auf die Erzeugung von industrieller Prozesswärme, insbesondere in der Metallverarbeitung, der Grundstoffchemie und dem Papiergewerbe. Dies ist etwa so viel Energie, wie für Raumwärme in Wohngebäuden benötigt wird (454 TWh). Innerhalb des GHD-Sektors nimmt Raumwärme mit etwa 75 Prozent den größten Anteil am Endenergieverbrauch ein.

Eine grundlegende Angabe findet sich zudem im weiteren Verlauf des Kapitels: Der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung in Deutschland liegt im Jahr 2020 bei 15 Prozent. Ziel der Bundesregierung war ein Anteil von 14 Prozent im Jahr 2020. Zwar wurde dieser Wert bereits 2018 erzielt, eine weitere erhebliche Verbesserung kann seitdem allerdings nicht mehr verzeichnet werden. Klar ist aber, dass eine Verbesserung weit darüber hinaus erreicht muss. Die Energiewende bleibt eine zentrale Herausforderung und der Gebäudesektor ein entscheidender Bereich dafür.


Ein Beitrag von
Meike Nordmeyer,
freie Journalistin


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Der dena-Gebäudereport 2022 steht auf folgender Seite kostenfrei zum Download bereit: https://www.dena.de/themen-projekte/projekte/gebaeude/dena-gebaeudereport