Pilotprojekt um digitale Sichtbarkeit des Einzelhandels

Wie gut lassen sich Frankfurter Einzelhändler auffinden? Ein neues Projekt der Wirtschaftsförderung hilft bei der Sichtbarkeit. © Unsplash / Igor Flek

Vor Ort

Der Frankfurter Einzelhandel ist seit Jahren von einem strukturellen Wandel gekennzeichnet. Insbesondere kleinflächige, inhabergeführte Einzelhandelsbetriebe stehen vor großen Herausforderungen. Mit einer datenbasierten Analyse ermöglicht die Wirtschaftsförderung nun Einzelhändlern, Erkenntnisse über ihre digitale Sichtbarkeit zu gewinnen.

Nachdem selbst Spitzenlagen wie die Frankfurter Zeil während der Corona-Pandemie deutliche Rückgänge der Passantenfrequenz hinnehmen mussten, konnte sich diese zwischenzeitlich wieder erholen. Die durchschnittliche einzelhandelsrelevante Passantenfrequenz pro Stunde ging von knapp 5700 im Jahr 2019 auf rund 4200 in 2020 und knapp 3200 in 2021 zurück. Erfreulicherweise war seit Mitte 2021 zunächst eine Stabilisierung und anschließend sogar eine deutliche Erholung der Besucherströme zu beobachten: Bis Ende Juli 2023 lag die einzelhandelsrelevante Passantenfrequenz pro Stunde bei etwa 5500 Personen.

Einzelhandel tragende Säule

Auch lassen Umfragen vor Ort auf eine hohe Bedeutung des Einzelhandels schließen. Die Innenstadtbefragung „Vitale Innenstädte“ des Kölner Instituts für Handelsforschung (IfH) ergab im Herbst 2022, dass der Einzelhandel weiter eine tragende Säule der Nutzungsstruktur der Frankfurter Innenstadt bleibt. Knapp 71 Prozent der gut 2000 Besucher, die in der Frankfurter Innenstadt befragt wurden, nannten den Einkaufsbummel als einen Grund ihres Innenstadtbesuchs. Vier Jahre zuvor waren es noch 20 Prozentpunkte weniger.

Effekte des Strukturwandels

„Die Studie zeigte aber gleichzeitig die Effekte des Strukturwandels im Einzelhandel auf. Denn auch der Anteil derjenigen, die häufiger online einkaufen und die Innenstadt deshalb seltener besuchen, ist zwischen 2018 und 2022 von 20 auf 30 Prozent gestiegen“, erklärt Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst. „Gemeinsam mit der Heidelberger Innoplexia GmbH hat die Wirtschaftsförderung deshalb ein Pilotprojekt initiiert, das den stationären Einzelhändler für den Zusammenhang zwischen digitaler Sichtbarkeit und Umsatz im stationären Ladengeschäft sensibilisiert."

Digitale Auffindbarkeit

Das Kernstück des Pilotprojektes bildet eine Suchmaschinen-gestützte Keyword-Analyse, die die digitale Auffindbarkeit von stationären, inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften abbildet. Für alle teilnehmenden Einzelhändler werden zunächst individuelle Suchbegriffe ausgewählt. Anschließend hat Innoplexia von verschiedenen Orten im Frankfurter Stadtgebiet sowie aus dem direkten Umkreis von Frankfurt am Main ausgehend Suchanfragen imitiert. Vereinfacht ausgedrückt: Auf Basis von abgestimmten Suchbegriffen wurden alle teilnehmenden Einzelhandelsgeschäfte von 3500 unterschiedlichen Standorten aus gegoogelt. Ziel war, die digitale Auffindbarkeit der Geschäfte in Abhängigkeit des Suchstandortes aufzuzeigen. Je weiter vorne Stores in der Ergebnisliste angezeigt werden, desto besser sind sie für Kunden im Alltag zu finden. Das erhöht die Erfolgschancen, von Kunden wahrgenommen zu werden und einen entsprechenden Umsatz zu generieren.

Suchmaschinen als Instrument

Stadträtin Wüst: „Das Pilotprojekt macht dabei deutlich, dass Digitalisierung im Einzelhandel mehr bedeutet als nur den Ruf nach einem Onlineshop. Kunden, die sich bereits in der Stadt aufhalten und ein bestimmtes Waren- oder Dienstleistungsangebot suchen, interessieren sich in diesem Moment für fachkundige Beratung und ein gutes Sortiment vor Ort. Zwischen ihnen und den für sie passenden Händlern steht oft nur eine erfolgreiche Google-Recherche. Suchmaschinen werden so zu einem Instrument bei der Digitalisierung im Einzelhandel. Hier setzt das Angebot der Wirtschaftsförderung an.“

Im Onlinenangebot hervorstechen

In Zeiten zunehmender Digitalisierung ist es für den Einzelhandel unerlässlich, sich mit dem hohen Grad an Convenience-Orientierung aufseiten der Kunden auseinanderzusetzen. Der stationäre Einzelhandel sollte zum Beispiel von der digitalen Verfügbarkeit von Informationen rund um die Uhr profitieren und diesen Vorteil mit der Beratungskompetenz und Spezialisierung des eigenen Ladengeschäftes verbinden. So kann er im scheinbar unendlichen Onlineangebot herausstechen. Zentrale Fragen für den stationären Einzelhandel lauten demnach: Wie gelange ich in das Relevant Set des Kunden? Wie steigert sich die Auffindbarkeit im Netz? Wie lässt sich Sichtbarkeit im Netz mit Offline-Umsatz verbinden?

Größere Resilienz erzielen

In einer ersten Phase des Pilotprojekts führte die Wirtschaftsförderung zahlreiche Gespräche mit Frankfurter Einzelhändlern und fand bei einem gemeinsamen Coaching mit dem Visionsbüro Frankfurt passende Antworten auf diese Fragen. Dabei stießen die Schulungen auf positive Resonanz: „Für uns ist es ein gutes Zeichen, dass wir unser Pilotprojekt auf den Weg bringen konnten und auch direkt auf großes Interesse stießen“, sagt Ansgar Roese, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt. „Nicht nur, dass wir dem stationären Einzelhandel eine individuelle, datenbasierte Analyse und Auswertung anbieten konnten. Mit den Schulungen des Visionsbüros schaffen wir es, die Händler in eine smartere Zukunft zu begleiten. Damit stellen wir den Einzelhandel in Zeiten des Strukturwandels deutlich resilienter auf.“ Auch in der zweiten Jahreshälfte bietet das Visionsbüro Frankfurt wieder ein umfangreiches Informations- und Schulungsangebot an. Es richtet sich an Frankfurter Einzelhändler, die die ersten Schritte hin zu mehr digitaler Sichtbarkeit gemeinsam mit fachkundigen Partnern gehen möchten.