Quartiere sind die Zukunft der Stadtentwicklung

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Radfahrer vor Straßenbahn © Timelynx – stock.adobe.com

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Menschen

Redaktion

Eine aktuelle Umfrage offenbart, dass Stadtmenschen das Miteinander der Generationen bevorzugen – auch beim Wohnen. Grünflächen vor der Haustür, gute Einkaufsmöglichkeiten sowie gastronomische Angebote wünschen sich aber deutlich mehr Frauen als Männer


Menschen favorisieren in Quartieren exakt die Qualitäten, die diese nachhaltig machen: kurze Wege und eine gute Anbindung an den ÖPNV, eine gesicherte Nahversorgung und viele Grünflächen. Auch ökologische Kriterien beim Bau und der Energieversorgung spielen eine zentrale Rolle – kurz: Die Mischung macht es aus. Überraschend hohe Zustimmung gab es für das Mehrgenerationenwohnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Cube Real Estate.

Die Stadt lebt in ihren Quartieren. Stichworte wie »die Verdorfung der Stadt« verweisen auf den Trend zur Schaffung lebendiger, mischgenutzter Quartiere mit sozialer Vielfalt und Raum für unterschiedliche Lebensentwürfe, Lebensphasen und Arbeitsweisen. Zudem sorgen quartiersbezogene Lösungen für Synergien in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität und Digitalisierung. Die Urbanisierung schreitet global und auch in Deutschland fort. Attraktive Quartiere ermöglichen ein Zuhause in der 15-Minuten-Stadt. Doch ist diese Mischung für die Menschen in der Stadt ebenso attraktiv?

Cube Real Estate hat das Forschungsinstitut Forsa mit einer Umfrage beauftragt, um zu analysieren, welche Qualitäten und Angebote eines Quartiers besonders geschätzt und angenommen werden. Rund 1.100 Personen in Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern nahmen an der Umfrage teil. Zum Verständnis erhielten die Befragten zu Beginn eine Definition eines Quartiers in Wort und Bild »als ein zusammengehöriges Gebäudeensemble, das die Nutzungen Wohnen, Arbeit, Freizeit sowie Einkaufen miteinander verbindet«. Dabei sind 11 Prozent der Befragten entweder selbst Bewohner eines Quartiers oder regelmäßige Nutzer, etwa zum Einkaufen oder durch den Arbeitsplatz. Die übrigen sind an einem Leben im Quartier oder der Nutzung eines Quartiers interessiert.

ÖPNV und Fahrrad vor Auto

Ganz vorne bei den Kriterien für die Qualität eines Quartiers steht die gute Anbindung an den ÖPNV: 98 Prozent erachten diesen für »sehr wichtig« oder »eher wichtig«. Im Kontext Mobilität würden knapp zwei Drittel der Befragten auch Car- oder Bike-Sharing nutzen – wobei die jüngere Generation (18 bis 29 Jahre) dafür mit 73 Prozent deutlich offener ist als die ältere (60+) mit 52 Prozent.

Fahrradstellplätze sind zudem bei den Befragten wichtiger (85 Prozent) als Parkflächen für Autos samt E-Ladestationen (77 Prozent). Dreiviertel favorisieren dabei Quartiersgaragen, sodass im Quartier selbst weniger Raum für ruhenden Verkehr in Anspruch genommen wird. Ein guter Autobahnanschluss ist nur für 37 Prozent bedeutsam. Dazu passt, dass bei den Tabus im Quartier »hohes Verkehrsaufkommen« mit insgesamt 79 Prozent weit vorne landet.

Einzelhandel und Gastronomie: wichtigste Angebote im Quartier

Für 96 Prozent sind quartiersbezogene Grünflächen »wichtig«. Als »sehr wichtig« erachten das Grün vor der Haustür deutlich mehr Frauen sowie die Generation 60+. Mietergärten wünschen sich zwar auch 62 Prozent, doch nur 20 Prozent finden die Option auf Urban Gardening »sehr wichtig«. 94 Prozent der Befragten gaben eine zentrale Lage und kurze Wege als »sehr wichtig« oder »eher wichtig« an, wobei Frauen und die Über-60-Jährigen hier stärkere Prioritäten setzen als Männer. Dazu passt, dass unter den potenziellen Angeboten und Dienstleistungen im Quartier Einzelhandel und Gastronomie mit 93 Prozent die größte Wertschätzung genießen. Auch hier setzen Frauen und Best Ager eher das Kreuz bei »sehr wichtig«. Die Unter-29-Jährigen finden Gemeinschaftsräume, Sportangebote oder gemeinsame Events deutlich wichtiger als die ältere Generation. »Coworking ist ebenfalls ein Angebot, das die Befragten unter 29 Jahren mit 53 Prozent deutlich wichtiger finden als ältere Erwachsene mit 24 Prozent«, erklärt Moritz Laufer, Teamleiter Research und An- & Verkauf der Cube Real Estate. »Das verblüfft uns kaum. Viele Über-60-Jährige sind bereits aus dem Berufsleben ausgeschieden. Für die junge Generation ist ein flexibles Arbeitsangebot selbstverständlicher und hat Schnittmengen mit den Themen Work-Life-Balance sowie Digitalisierung.«

Mehr Miete für Nachhaltigkeit, aber nicht für digitale Infrastruktur

Die Themen »regenerative Energien« sowie »nachhaltige Baumaterialien« punkten ebenfalls stärker bei Jüngeren (18 bis 29 Jahre) und bei Frauen jeden Alters. Mehr als Zweidrittel der unter 29-Jährigen wären auch bereit, 1 Euro Miete je Quadratmeter Wohnfläche für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu bezahlen. Bei der 60+-Generation sind es 45 Prozent. Während für attraktive Mobilitätslösungen immerhin die Hälfte der Befragten bereit wäre, mehr zu zahlen, sind es bei der digitalen Ausstattung nur 29 Prozent. »Auffällig ist, dass die unter 29-Jährigen nur zu 28 Prozent zu einem Digitalisierungsaufschlag bereit sind, bei den 30-44-Jährigen aber 39 Prozent«, erläutert Moritz Laufer. »Wir gehen davon aus, dass für die junge Generation das Vorhandensein einer digitalen Infrastruktur selbstverständlich ist und kein Add-on.«

Mehrgenerationenwohnen: 93 Prozent der Befragten dafür

Für eine Mischung der Generationen beim Mehrgenerationenwohnen votieren ganze 93 Prozent. Und nicht nur das: 75 Prozent der Befragten gaben an, sich in der Wohnform auch tatsächlich aktiv an der Interaktion zwischen den Generationen beteiligen zu wollen – eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Modells. Für immerhin 73 Prozent wäre ein Mehrgenerationenkonzept zudem ein positives Kriterium bei der Wohnungssuche. Aber auch hier variiert die Begeisterung. Frauen und Best Ager setzen stärker auf eine Mischung der Generationen.
 
Resümee der Cube Real Estate: »Sehr positiv nehmen wir wahr, dass die Kriterien, die ein Quartier nachhaltig und lebendig machen, ganz vorne liegen: Anbindung an den ÖPNV, Grünflächen, kurze Wege, gute Nahversorgung sowie nachhaltige Energie und Baustoffe. Bei den Ergebnissen stellen wir zudem fest, dass die traditionelle Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern noch durchaus erkennbar ist – etwa bei der Gewichtung von Einzelhandelsangeboten oder Grünflächen mit Spielplätzen. Dass der älteren Generation Sharing-Angebote nicht so vertraut sind, kann wenig überraschen. Aber uns hat die Tatsache überrascht, dass Digitalisierung in der Zahlungsbereitschaft lange nicht so interessant zu sein scheint, wie Nachhaltigkeit bei Bauwerk und Betrieb.«