Shopping Center kriegen Flügel
German Council
Quintessenz
Susanne Müller
Einen Blick in den Kosmos der Shopping Center warfen die Teilnehmer der GCSP Powerdays bei der Asset Management Konferenz zum Auftakt des zweitägigen Events. Moderiert von Kathrin Andres und Tim Mayer, gab’s profunde Einblicke rund um die Malls, die vielen Anlegern und Betreibern zuletzt bekanntlich einige Sorgen bereitet haben.
Zum Einstieg nahm Christina Angermayer (Ernst & Young Real Estate) eine Bestandsaufnahme vor. Gemeinsam mit dem ZIA hatte das Unternehmen Ende 2023 eine Datenerhebung unter 72 Shopping Centern durchgeführt – ein Marktanteil von rund 35 Prozent. „Nach Corona haben die Malls die Trendumkehr geschafft – über 70 Prozent der Befragten weisen gute Performancewerte auf, und der Weg bergauf setzt sich beschleunigt fort“, nahm sie etwas Druck aus dem Kessel. Schließlich sei die Assetklasse in dreifacher Hinsicht resilient: beim Sachwert für Grund und Boden, bei indexierten Mietverträgen und bei der Kopplung an die Umsätze. „Die Vermietungssituation ist besser als gedacht“, so Angermeyer, „gut 60 Prozent sind vollmermietet oder weisen nur geringe Leerstände auf.“ Die Vermietungsdauer gestalte sich inzwischen kürzer. Und: „Wir beobachten einen Aufwärtstrend bei der Flächenproduktivität. Nur die Frequenzen sind noch recht niedrig.“ Ihr Tipp für die Zukunft: „Shopping Center müssen sich öffnen – hin zu Freizeit und Unterhaltung, Dienstleistung, Kinderbetreuung und weiterer Vielfalt. Und sie sollten das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben.“
KI verändert die Arbeitswelt
Künstliche Intelligenz und Digitalisierung sorgen im Asset Management für optimierte Prozesse, so Torsten Steiner (Diligenz AI). Seine These: KI wird explosionsartig wachsen, hat das Potenzial, die Arbeit grundlegend zu verändern – und es lohne sich, großen Firmen auf die Finger zu schauen, merkte er an. Als Beispiele nannte er die Bewältigung der E-Mail-Flut im Facility- und Asset-Management mittels Sprach-KI sowie Assistenz bei Leerstandslösungen – hier kann AI auf Basis von menschlichem Input inzwischen sogar konkrete Mietervorschläge vornehmen. „Wir müssen die Linie zwischen Mensch und KI richtig ziehen. Wenn sich jeder auf seine Stärken besinnt, bringt das großartige Ergebnisse.“
Positive Grundstimmung
Bei einem Panel mit Philipp Enenkel (CBRE), Nina Stapf (Deka Immobilien), Olaf Ley (Eurofund Group) und Niklas Mittag (ECE) ging’s unter anderem um den Kostenfaktor. Heftige Dynamik herrsche derzeit bei Strom-, Energie- und Dienstleistungskosten – da sei vornehmlich der Eigentümer in der Pflicht und müsse gestiegene Nebenkosten mit den Mietern abstimmen. Ein Markt auf Genesungskurs, mit leicht erhöhten Leerständen, gestiegenen Renditen – die Lage ergibt ein gemischtes Bild. Generell sei die Grundstimmung aber positiv, waren sich die Panelteilnehmer einig – wenn auch andere Länder eine bessere Performance aufweisen als Deutschland. Bei Zinsen und Margen sah die Runde einen Aufwärtstrend. Die gesamte Immobilie im Auge zu behalten und sich flexibel aufzustellen, gaben die Experten dem Plenum mit auf den Weg.
Quo vadis Shopping Center?
Jürgen Kreutz (IPH Transact) und Peter Hablizel (Savills) stellten die Ergebnisse der aktuellen Studie rund um den Repositionierungsbedarf von Shopping Centern vor. In der Erhebung standen rund 500 Objekte unter den Indikatoren aktueller Leerstand, Bevölkerungsprognose im Einzugsgebiet und Branchenmix beziehungsweise dessen Resilienz gegenüber dem Strukturwandel im Einzelhandel im Blick. 25 Prozent fallen in die Sparte Cashcows – also Objekte, die eine starke Performance vorweisen können. Mehr als 40 Prozent stehen eher bescheiden da oder werden von den Experten als herausfordernd oder nicht mehr funktionierend eingestuft – und stehen somit auf der Watchlist. „Diese Prozentzahlen klingen erst einmal schockierend – doch das Ergebnis ist nicht so dramatisch, wie es scheint. Bei diesen Objekten besteht halt Handlungsbedarf“, so die Speaker. Im Fokus standen die Parameter Leerstand, Bevölkerungsentwicklung und resilienter Mieter-Mix. „Sensibilisieren, die Produkte beherzt anpacken, ausloten, was in der jeweiligen Stadt funktioniert“ – diesen Rat gaben Habizel und Kreuz Entwicklern und Managern mit auf den Weg.
Blick in die Center-Landschaft
Ein Praxisbeispiel erfolgreicher Repositionierung brachte Markus Brugger (CC Real) aufs Tapet: Das Objekt ITIS in Helsinki hat ein Design-Upgrade erfahren, das in punkto Besucherzahlen deutlich Früchte trägt. Auf 78.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche findet jetzt unter anderem eine spektakuläre Markthalle Platz, zudem wurde die Rückseite des Boulevards gestärkt. Guido Thome (Dodenhof) und Ricardo Rodrigues (Reify) präsentierten als Herzstücke der Neuaufstellung des Objektes Dodenhof in Posthausen die neue, maßgeschneiderte Food Hall mit 15 Gastro-Betrieben, einem 100 Meter langen Boulevard, Neugestaltung der Fassaden, Wasserspielen, Sonnensegeln, Wintergarten. Ihre Message: „Historie mit Neuem verschmelzen und Malls über den ganzen Tag nutzbar machen.“ Das Aufsehen erregende LOOP5 in Weiterstadt mit seinem Retailtainment-Fokus, vorgestellt von Joachim Mayer (DWS Real Estate), durfte bei den Best-Practices nicht fehlen – mehr dazu lesen Sie an anderer Stelle in diesem Magazin.
Kunden als Marken-Fans gewinnen
Ein weiteres Panel setzte den Schlussakkord bei der Asset Management Konferenz. Auf der Stage: Gastronom Parham Pooramin (Café Buur), Fitness-Experte André Ries (FIRSTSEVENELEVEN), Michael Langer (Snipes) und Tobias Gollnest (B&B Hotels Germany). Sie alle beleuchteten die Erfolgsfaktoren von Betreiberkonzepten aus Sicht der Mieter. Die Power of Social-Media-Marketing, die Bedeutung von Design und Location, die Kraft des Konzeptes, selbst in schlechteren Lagen, und die Bedeutung der Digitalisierung unterstrichen samt und sonders alle Podiums-Teilnehmer.
Dass sich Online-Brands und stationärer Handel gegenseitig stärken können, führte Tim Mayer (The Retail Agency) aus. Bei entsprechender Innovationsbereitschaft könnten Eigentümer und Betreiber auf „Erlebnisrendite“ hoffen, nämlich höhere Frequenzen und ebenso die Verweildauer, gesteigerte Umsätze in beiden Sparten, mehr Homepage-Besuche, Likes und Kommentare auf Social Media sowie PR-Feedback. „Kunden als Fans der Marken zu gewinnen“ – so könnte wohl der Konsens lauten, mit Fokus auf Anpassungsfähigkeit und klare Zielsetzung. Auch das Provisorium ist eine Strategie“, schlussfolgerte er.
Susanne Müller