Trump und die Folgen

Donald Trump
Donald Trump, 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. © Library of Congress

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Restart

Richard Haimann

US-Präsident Donald Trump will die Steuern senken und das dadurch entstehende Loch im Haushalt durch Importzölle stopfen. Das treibt die Teuerung in die Höhe – und könnte die Währungshüter bald zwingen, die Leitzinsen diesseits und jenseits des Atlantiks wieder anzuheben.

Neustart in Washington, Neustart in Berlin. In der größten Volkswirtschaft der Welt ist eine neue Regierung im Amt; und der drittgrößten wird demnächst eine auf die Ampel-Koalition folgen. Doch die einst eiserne transatlantische Partnerschaft scheint angeschlagen. US-Präsident Donald Trump verfolgt eine isolationistische Politik des „America first“ mit hohen Importzöllen gegen die bisherigen Handelspartner in Europa, Fernost und auf dem amerikanischen Kontinent. Die neue Bundesregierung steht damit vor der Herausforderung, die auf dem Export basierende, angeschlagene deutsche Wirtschaft durch eine zunehmend rauer werdende See zu steuern. Trump attackiert mit den Einfuhr-Abgaben nicht weniger als den freien Warenhandel und damit die Globalisierung, die der Weltwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten hohe Wachstumsraten beschert hat. Einige Zölle sind bereits eingeführt: 25 Prozent werden beispielsweise bei der Einfuhr von Stahl und Aluminium fällig. Andere sollen folgen.

Trump irrt sich

Die Konsequenzen könnten erheblich sein – auch für den deutschen Handel und die Immobilienbranche. Denn die in von Washington verhängten Einfuhr-Abgaben drohen der Inflation zunächst in den USA – und anschließend in der Eurozone – wieder Auftrieb zu geben. „Trump wird spüren, dass die Zölle, die er erhebt, nicht von denen bezahlt werden müssen, die nach Amerika importieren“, sagt Deutschlands voraussichtlich neuer Kanzler, CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz. „Sondern die werden bezahlt werden müssen von den Konsumenten in Amerika.“ Damit, sagt Merz, „wird auch die Inflation in Amerika möglicherweise deutlich angeheizt“.

Einfluss aufs Wirtschaftswachstum

Mit dieser Einschätzung steht Merz nicht allein. „Die Importabgaben werden Einfluss auf das Wirtschaftswachstum und die Teuerung in den USA haben“, sagt Mark Dowding, Anleihen-Stratege bei RBC Blue Bay Asset Management, dem 480 Milliarden Euro schweren Vermögensverwalter der Royal Bank of Canada. „Das Bruttoinlandsprodukt dürfte dadurch in diesem Jahr in den USA um mindestens 0,5 Basispunkte geringer ausfallen und die Inflationsrate um 0,5 Prozentpunkte steigen.“

Teuerung droht

Die Teuerung droht jedoch nicht nur in den USA zurückzukehren, sondern auch diesseits des Atlantiks. „Die Inflation könnte wieder angefacht werden“, sagt Bundesbank-Präsident Nagel. EZB-Direktorin Isabel Schnabel stellt deshalb bereits das Ende des Zinssenkungszyklus in Aussicht. „Wir nähern uns dem Punkt, an dem wir möglicherweise bei den Zinssenkungen pausieren oder stoppen müssen.“ Diese Diskussion müsse „nun beginnen“, sagt das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank.

Zinsschraube fester anziehen?

Experten befürchten, dass die durch die Zölle entfachte Teuerung in den USA schnell auf Europa überspringen könnte. „Sobald die Import­abgaben die Inflation in den USA wieder anspringen lassen, müsste die Federal Reserve Bank die Leitzinsen erneut anheben, um die Teuerung einzufangen“, so Andreas Loepfe, Geschäftsführer des unabhängigen Immobilienstrategieberaters und Investmentmanagers inREIM. Dies würde den Dollar gegenüber dem Euro stärken. Damit würden sich zugleich sämtliche in die Eurozone importierte Rohstoffe – von Öl, Gas, Bauxit und Kupfer über seltene Erden bis hin zu Kaffee und Tee – verteuern. Denn all diese Ressourcen werden auf den internationalen Märkten in US-Dollar gehandelt. „Die EZB“, meint Loepfe, „dürfte sich dann gezwungen sehen, ihrerseits die Zinsschraube fester anzuziehen, um zu verhindern, dass die Inflation diesseits des Atlantiks erneut Fahrt aufnimmt.“

Investoren sind besorgt

„Protektionistische Eskalationsstufen könnten die langsam unter Kontrolle geglaubte Inflation wieder anheizen“, sagt auch Silke Günther, Volkswirtin der NordLB. Investoren seien bereits besorgt, wie der Anstieg der Renditen bei zehnjährigen Staatsanleihen aus Ländern der Eurozone Mitte Februar zeige. Profianleger rechnen offenbar mit einem Zuwachs der Teuerungsraten und einem neuerlichen Anstieg des Leitzinses und fordern daher höhere Erträge bei Bonds mit langen Laufzeiten.

Nur ein Vorgeschmack?

Dass die Inflation wieder erwacht ist, zeigen die jüngsten Daten von der Teuerungsfront: In den USA notierte die Inflationsrate im Januar bei drei Prozent – dem höchsten Stand seit Mitte vergangenen Jahres. Ein Grund: Unternehmen hatten in Erwartung der von Trump im Wahlkampf angekündigten Zollerhöhungen massenhaft Produkte aus dem Ausland eingekauft – und damit deren Preise in die Höhe getrieben. Dies könnte nur ein Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung sein, so Dirk Chlench, Ökonom der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): „Die inflationstreibende Wirkung der jüngsten Erhöhungen der US-Einfuhrzölle steht noch aus.“

Sorge um Wirtschaftsleistung

Auch in der Eurozone zog die Teuerung im ersten Monat des Jahres wieder leicht auf 2,5 Prozent an, nachdem die Inflationsrate im September noch auf 1,7 Prozent gesunken war. Eine wesentliche Ursache: Der US-Dollar hatte gegenüber dem Euro im Monatsverlauf in der Spitze um 2,2 Prozent zugelegt und damit Rohöl-Importe verteuert. Eine Rückkehr der Inflation und die zu ihrer Bekämpfung nötige Erhöhung der Leitzinsen würde Deutschlands Wirtschaft hart treffen. Denn diese wäre bereits zuvor durch die US-Einfuhrabgaben auf hiesige Waren heftig angeschlagen. Dies zeigen Modellrechnungen der Bundesbank. „Die deutsche Wirtschaftsleistung könnte um fast 1,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen als bisher prognostiziert“, äußert sich Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), kommt zu einem ähnlichen Schluss: „Erhebt Trump Zölle in Höhe von zehn Prozent auf europäische Güter, dürften die deutschen Exporte in die USA mittelfristig um 15 Prozent fallen.“

Finanzierung durch Einfuhrzölle

Dass Trump sich durch Verhandlungen erweichen lässt, sei nicht zu erwarten, sagt Jim Caron, Chief Investment Officer bei Morgan Stanley Investment Management. Die Einführung von Zöllen sei zentraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten. Es gehe ihm darum, „mithilfe von Zöllen Einnahmen zu generieren, um dann durch Steuersenkungen einen fiskalischen Impuls zu schaffen“. Trump benötige die Einnahmen aus höheren Abgaben, um damit die im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen finanzieren zu können.


Richard Haimann
Freier Journalist