Wachstum und Chancen in Sicht

Kö in Düsseldorf
Die Kö in Düsseldorf rangiert nach wie vor ganz oben. © shokokoart – stock.adobe.com

Aktuelles
Restart

Sandra Ludwig

Der europäische Einzelhandelsimmobilienmarkt erlebt eine bemerkenswerte Wiederbelebung. Nach Jahren der Unsicherheit zeichnet sich für 2025 ein deutlicher Aufschwung ab. Das Jahr 2024 markierte einen Wendepunkt mit einem Gesamtvolumen von 31,8 Milliarden Euro, was einem beeindruckenden Anstieg von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Besonders das vierte Quartal 2024 zeigte mit einem Volumen von 12,8 Milliarden Euro einen spektakulären Zuwachs von 127 Prozent im Jahresvergleich und war somit das stärkste Quartal seit Ende 2019. Diese Zahlen unterstreichen das wiedergewonnene Vertrauen der Investoren in den Einzelhandelssektor.

Dynamik absehbar

Für 2025 erwarten wir eine Fortsetzung dieses positiven Trends. Das gestiegene Investorenvertrauen, verbesserte Finanzierungsbedingungen und die Stabilisierung der Renditen in vielen Märkten bilden eine solide Grundlage für weiteres Wachstum. Insbesondere die Rückkehr internationaler Investoren und das zunehmende Interesse an verschiedenen Einzelhandelsformaten versprechen eine dynamische Entwicklung.

Fachmärkte führen

Im Jahr 2024 machten Fachmarktprodukte 39 Prozent des gesamten europaweiten Investitionsvolumens aus, gefolgt von Shopping Centern mit 32 Prozent und Geschäftshäusern mit 26 Prozent. Wie schon seit einigen Jahren in Deutschland erkennbar, ist auch das Interesse an guten Fachmarktprodukten in Europa stark gestiegen, die von vielen Investoren als eine der vielversprechendsten Anlageklassen für die kommenden Jahre angesehen werden. Dieser Trend spiegelt die Anpassungsfähigkeit des Einzelhandels an veränderte Konsumgewohnheiten wider.

Modemarken auf Expansionskurs

Die Spitzenrenditen für Einzelhandelsimmobilien haben sich in den meisten europäischen Märkten stabilisiert. Für 2025 erwarten wir eine graduelle Kompression der Renditen, insbesondere bei Prime-Objekten. Der Mietmarkt zeigt sich unterdessen äußerst robust, was durch den JLL Active Retailer Index belegt wird, der von Januar bis September 2024 einen Anstieg um 61 Prozent verzeichnete. Diese Entwicklung wird von internationalen Einzelhändlern und Modemarken angeführt, die ihre Präsenz in Top-Lagen ausbauen oder neue Märkte erschließen.

Für 2025 prognostizieren wir ein substanzielles Wachstum der Einzelhandelsumsätze von 2,2 Prozent in der Eurozone und 2,4 Prozent in der EU (27 Länder). Diese positive Entwicklung wird voraussichtlich zu einem beschleunigten Mietwachstum in den Prime-Lagen führen. Besonders attraktiv bleiben Standorte in Haupteinkaufsstraßen, touristischen Zentren und dominanten Shopping Centern.

Mailands Meile führt Mieten an

In den erwähnten Prime-Lagen wird die höchste Spitzenmiete aktuell mit 1666 Euro pro Quadratmeter im Monat in der Mailänder Via Montenapoleone verzeichnet, die sich im vergangenen Jahr mit einem Anstieg von 5,3 Prozent vor die Londoner New Bond Street gesetzt hat. Es folgen gleichauf die Avenue Montaigne in Paris und Roms Via Condotti mit je 1250 Euro. Die schweizerischen Städte Zürich (905 Euro) und Genf (618 Euro) reihen sich mit Bahnhofstraße und Rue du Rhone dahinter ein. Erst dann folgen mit der Münchener Maximilianstraße (330 Euro) sowie der Düsseldorfer Königsallee und dem Berliner Kurfürstendamm (je 270 Euro) die ersten deutschen Lagen.

Zuwachs bei Großabschlüssen

Deutschland festigte 2024 seine Position als einer der führenden Einzelhandelsimmobilienmärkte Europas. Mit einem Transaktionsvolumen von 5,6 Milliarden Euro verzeichnete der Markt ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders positiv war die Zunahme von Großtransaktionen: Die Zahl der Abschlüsse über 100 Millionen Euro stieg von sechs auf zehn, mit einem Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Euro. Im deutschen Markt dominierten 2024 Warenhäuser mit einem Anteil von 30 Prozent, gefolgt von Shopping Centern (17 Prozent) und Geschäftshäusern (14 Prozent). Fachmarktprodukte machten insgesamt 39 Prozent aus. Im Städtevergleich entfielen unter den sieben Immobilienhochburgen 37 Prozent des Highstreet-Volumens auf Düsseldorf und 34 Prozent auf Hamburg. Im Jahr zuvor führten noch Köln (33 Prozent) und Berlin (32 Prozent) die Rangliste an.

Spitzenrenditen bleiben stabil

Die Spitzenrenditen in Deutschland blieben 2024 weitgehend stabil: Shopping Center und einzelne Fachmärkte ohne Lebensmittelanker lagen bei 5,90 Prozent, Fachmarktzentren bei 4,60 Prozent und High-Street-Objekte in den Top-Sieben-Städten zwischen 3,20 Prozent (München) und 3,70 Prozent (Stuttgart und Köln). Für 2025 erwarten wir eine zunehmende Spreizung zwischen Top-Produkten und weniger attraktiven Objekten. Bei Fachmarktzentren rechnen wir mit einer Renditekompression, insbesondere bei lebensmittelgeankerten Objekten.

Für den deutschen Markt prognostizieren wir ein Transaktionsvolumen von rund 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2025, was einem erneuten Wachstum entspricht. Wir erwarten eine Zunahme der Dynamik in allen Nutzungsarten, von Shopping Centern über Fachmarktprodukte bis hin zu Geschäftshäusern.

Wachsende Handelsumsätze erwartet

Die für Europa prognostizierten Entwicklungen werden auch den deutschen Markt maßgeblich beeinflussen. Das erwartete BIP-Wachstum von 1,4 Prozent in der EU für 2025 und die Prognose eines Anstiegs der Einzelhandelsumsätze um 2,6 Prozent werden sich positiv auf den deutschen Einzelhandelsimmobilienmarkt auswirken. Die starke Nachfrage nach Prime-Lagen, die wir europaweit beobachten, spiegelt sich auch in Deutschland wider. Insbesondere in den Top-Sieben-Städten erwarten wir eine verstärkte Konkurrenz um die besten Standorte, was zu einem Anstieg der Spitzenmieten führen könnte.

Der Trend zu Mischnutzungskonzepten, der sich in ganz Europa abzeichnet, gewinnt auch in Deutschland an Bedeutung. Investoren und Entwickler setzen verstärkt auf Projekte, die Einzelhandel, Büros, Wohnungen und Freizeiteinrichtungen kombinieren, um attraktive urbane Zentren zu schaffen.

Begründeter Optimismus

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der europäische und insbesondere der deutsche Einzelhandelsimmobilienmarkt deutliche Anzeichen einer Erholung zeigen und für 2025 vielversprechende Perspektiven bieten. Die Kombination aus steigenden Einzelhandelsumsätzen, stabilisierenden Renditen und wachsendem Investoreninteresse schafft ein günstiges Umfeld für Investitionen. Besonders attraktiv erscheinen hochwertige Fachmarktzentren und Prime-Objekte in Top-Lagen. Die verbesserten Finanzierungsbedingungen und das Aufkommen neuer Investorengruppen dürften zusätzliche Dynamik in den Markt bringen. Insgesamt sehen wir den Einzelhandelsimmobiliensektor gut positioniert, um von der erwarteten wirtschaftlichen Erholung zu profitieren und eine wichtige Rolle im europäischen Immobilienmarkt 2025 zu spielen.


Ein Gastbeitrag von
Sandra Ludwig,
Head of Retail Investment EMEA JLL